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Raum, Architektur oder ICH-DU-WIR.

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maxRIEDER – Heutzutage verliert sich die Unterscheidung von realen oder virtuellen Raum, das Hybride, das Gemenge beider Kategorien ist omnipräsent.
Gleichzeitig bedingt für Viele Existenz oder Existentielles einen Körper, eine physische Realität.
Der Körper bedingt einen Binnen (=Innen)-raum und wenn der Körper ergreift, auratisch ausstrahlt, einen Außenraum.
Bereits in Vergangenheit haben und verstärkt in Zukunft werden Trans-Räume und Trans-Körper – das Hybride – unweigerlich Veränderungen von Wahrnehmung, Wohlbefinden und Gemeinsamem auslösen.

So befinden wir uns bei Anwendung fortschrittlicher Techniken inmitten eines schizophrenischen Raumes, wenn wir von physikalischen Parameter absehen, ob wir uns Innen oder Außen oder Dazwischen befinden.
Der Raum ist aber Eins, immer Eins, eine Ganzheit.

„entree_HdV“ maxRIEDER, 2016

Dieses Erleben und Verarbeiten des Raumes erfolgt im Kopf oder anhand des eigenen Körpers.
Der Wahrnehmung kommt dabei die Schlüsselposition zu.
Wir wissen ja, dass jede Wahrnehmung subjektiv ist und durch Kultur, Erziehung, Bildung eben durch Persönlichkeit geprägt wird.

Gleichzeitig zum „einenRAUM“ existiert eine Unendlichkeit von Subräumen, die miteinander verschränkt, besser gesagt: vermengt sind. Deshalb, ist die Raumanalyse ein komplexer, wie abstrahierender Vorgang, der allerdings schwer von Intentionen und Erfahrungen losgelöst werden kann. Abstrahierende Vorgänge wie bloße physikalische, etwa Geometrie oder Dynamik sind verhältnismäßig leicht zu analysieren. Hingegen lassen sich milieuprägende Analysen nur im Vergleich zu anderen Räumen herstellen und beruhen daher auf großem Erfahrungsschatz.
Das ICH und das DU werden den Raum immer unterschiedlich wahrnehmen. Das WIR, also eine formulierte (ggf. auch nur ephemere) Gruppe wiederum unterschiedlich perzeptieren.

Der Raum ist deshalb sowohl abstrakt wie konkret (real und virtuell) und doch durch den Geist und/oder durch körperliche bzw. zukünftige transhumanen Extremitäten auch als permanent erweiterter Raum präsent.

„bodytransform“ maxRIEDER, 1989

Exkurs Raum und Architektur
Architektur hat (unendlich) viele Definitionen.
Diese sind mehr Credo und Haltung. Eine ziemlich lange Definitionssreihe beginnt bereits bei Vitruv und Alberti, beispielsweise Gebrauch, Nutzen, Schönheit (Alberti), Schutz/Bekleidung (Semper), Spiel der Volumen (Le Corbusier), modern Seriellem und Funktionalem (Bauhaus), Symbol (Frank), Organismus und Topographie (Wright), Transparenz-Internationalismus (vRohe), Alles (Hollein), Narrative Typologie (Rossi), Technikfetischismus (Foster), Aggression/Anarchie (CoopHimmelblau), zynischem Konzeptualismus (Koolhaas), Zufälligkeit/Ordnungsstörung (Gehry), Algorithmus (Eisenman), Skulpturalem (Moss), bewegender Organismus (Hadid), singulärer Kontextualität (Herzog&DeMeroun), Ephemerität bis Starrheit, Material-Poesie, Öko-Bio-Integralem usw. oder unabhängig transformaler Perspektiven für mich „Architektur ist eine soziale Kunst, Stadt ein soziales Kunstwerk“, eine fließend-fluktuierende, komplexe Definition.

Architektur ist vor allem Raumschaffung für Menschen und deren Interaktionen und weniger und selten Selbstzweck, Betrachtungsmedium, sondern Rahmen/Gerüst/Schwamm für menschliche Handlungen.
So wie Tänzer, Musiker, Performer temporären Raum begründen, konstituieren Architekten im besten Fall einen dauerhaften und flexibel nutzbaren Raum.
Die gewachsene oder aufgestaute Kultur-Schizophrenie des Architekten liegt in seiner Intentionen diesen Permanenzraum zum dynamischen, bewegten organischen oder erstarrten, kristallinen Raum, das Immobilie zum Mobilen oder vice versa – je nach Haltung – werden zu lassen, oder anders gesagt: vom bloßen Lastabtragen zum Schweben/Fibrieren – vice versa – bringen.
Um dieses Gelingen seiner individuellen Haltung Ausdruck zugeben benötigt es einer „Symphonie“ von Geometrie, Ordnung&Chaos, Proportion, Konstruktion, Oberfläche und Licht, dann gelingt Milieu, Atmosphäre und Körperresonanz.
Leider oder eben besser: dem Übernatürlichen geschuldet, kann dies nicht rezeptartig wiederholt werden, sondern ist von Kontexten abhängig.

Der Raum, vor allem der existentielle Raum des Gemeinsamen äußert sich in einer beziehungsreichen Raumgestalt beispielsweise als erfahrbarer, wahrnehmbarer Stadtraum, der durch Stimmigkeit oder Widersprüchlichkeit einen BeziehungsSPANNUNGSRAUM – einen spezifisch-konkreten Raumkörper konstituiert.

„körperzwischenraum“ maxRIEDER, 2009
„aspernaspern-freiestadt“ maxRIEDER, 2004

Viele Räume entstehen aus der Aneinanderreihung, dem Nebeneinander oder der Summe von Rest- und Zwickelräumen, eine Art Abfall der Architektur als Objektkunst, die in „Nicht-Räume“- DAZWISCHENRÄUME – heute prägend sind.

Neben der Eigenbefindlichkeit eines „Raum-Leibes“, also mein, dein, ihr oder unsere Körper interagieren wir immer mit andern „Raum-Leibern/Körper“. Die Lust des Interagieren untereinander ist in den gegenwärtigen Umwelten ist zugunsten des konsumistischen Interagieren mit Technologien und Apparaten gewichen. So haben unsere „Raum-Leiber“ nur mehr eingeschränkte Lust/ kein Animo mehr sich freiwillig in „Nicht-Räumen“ der neoliberalen Marktwirtschaft zu bewegen, er (der Lustkörper) will bewegt werden, instinktiv transportiert werden, anstatt sich der Qual sinnlicher Wahrnehmung auszusetzen. Er (der Lust-Leib) hat kein Animo sich ständig, freiwillig in amorphen, ausgefransten, ausufernd offenen Räumen zu bewegen (flanieren), instinktiv will er zu „wirklichen Räumen“ transportiert werden. Diese wirklichen Räume, – ArcheTypen – mannigfaltig wie Bauwerksensemble, Boulevard, Gassen-Platzlabyrinth, Volumenskulptur oder Tempel, Wandnische, Gerüstung oder vernakuläre Raumzellen-Agglomeration, Park- wie Hanglichtung, Heckenlabyrinth, begehbare Plateaus/Terrassen, Karsthöhle und Wasser- Uferrand sind u.a. die anthropologisch verankerten Sehnsuchtsräume.
Immer wenigere ErdenbürgerInnen können die Nicht-Räume, die mittlerweile überwiegend unsere Umwelt bestimmen, dauerhaft ohne psychische Langzeitschäden ertragen. Damit wird klar, warum viele von ihren Wohnsiedlungen und Traumeinfamilienhäusern Urlaub/Auszeit brauchen, Shopping als Zerstreuung kultivieren und zum Touristen werden (müssen). Arbeitsstätten gar nicht ausgenommen.

Wir haben uns angewöhnt diese Nicht-Räume, Un-Orte zu ignorieren, zu abstrahieren. Techniken der Smart-Welt sind nicht zuletzt so beliebt, weil der reale Raum in Anlehnung an einen Buchtitel um 1966 Mitscherlich`s „Die Unwirtlichkeit der Städte“ mutiert ist, heute müsste es längst weitergreifen als nur Stadtraum – wie 1996 Sieverts „Zwischenstadt“-Buch, so unerträglich sind die räumlichen Collagen des austauschbaren Irgendwie geworden. Marc Auge, ein Anthropologe postulierte 1994 „Non-Places/Nicht-Orte“ als jene Gegenden/Orte der Supermoderne wo Geschichte, Beziehungen und Identitäten ausgelöscht sind, viele solche sind nicht nur in Einkaufszentren, Hotels, Flughäfen, Autobahnen sondern inmitten uns – der bloßen Siedlungen – und konstituieren die Umwelt.

Die Psyche des Raumes, einerlei ob für Innen- oder Außensituationen ist immer entscheidend für unsere Entfaltung und Alltagsleben.
Raum ist deshalb die wirkliche Kategorie der Architektur anstatt beruhigender Schönheit, komplexer Harmonie oder zeitgenössischer Style. Natürlich kann ein Raum subjektiv als schön/hässlich empfunden werden, also ästhetische, geschichtliche Transformation oder zukünftigen Perspektiven erfüllen, aber er muss zuerst wahrnehmbar, erkennbar sein.
Die meisten unser Räume sind unbeschreiblich – im wahrsten Sinn des Wortes – somit auch schwer durch unsere Sinne „wahrnehmbar, verarbeitbar also letztendlich erkennbar“ wird. Erkennbar bedeutet damit identitäts- sinnstiftend zu wirken, eine Ur-Leistung von Architektur.

Das bloße, gegenwärtige Bauen und der überwiegende Teil der gebauten Umwelt/Bauwerke werden als autonome Objekte verstanden und bilden dann in der Ansammlung eine Vielzahl von fragmentierten oder losen Einzelräumen aus. Diese Räume erfüllen zwar eine (Mono-) Funktion (des Bewegens von Gütern und Menschen) sind aber durch mangelnde Stimulanz und Interaktionsmöglichkeiten unserer Raum-Leiber keine Architektur des potentiell Gemeinsamen.

Exkurs Urstoff des Raumes – Wasser
Meist fehlt diesen trivialen Bauwerks-Räumen der geheime, unsichtbare Stoff des treibenden oder ruhenden Wassers oder dessen vielen Aggregatzuständen. Wasser ist immer präsent, selbst dann wenn die Abwesenheit, die Verlustigkeit des Wassers (vulgo Austrocknung) gegeben Die Formkraft und latente Energie des sichtbaren/unsichtbaren Wassers ist immer evident. Nicht nur das Hochwasser, sondern die Wüstendüne referenziert auf diesen Stoff. Also ist das Wasser neben der Schwerkraft unsere Ordnungskraft für das Zusammenleben im Raum.

„Entwurfsmaterien“ maxRIEDER 1998

Zusammenfassung
Die Welt ist voller Räume.
Reale und Virtuelle.
Der Virtuelle/VR vulgo der imaginäre Traumraum obsiegt den Realen/RR.
Der Reale bietet heute überwiegend Ramschräume, bedeutungslose Zwischenräume in denen wir uns mit unseren Raum-Leibern verlieren, lediglich durchmüssen – lost in space.
Insofern überleben wir nur, weil es vereinzelt besondere Räume und Raumphänomene gibt die uns bannen – und seien es nur die Kunst-Räume, jedoch das Wasser ist immer imaginärer Raum-Spieler.

maxRIEDER
ArchitekturWasserStadtLandsschaft&Gestaltungsprozesse

Notizen eines Impulsvortrages Symposium SUMMIT of trans-Art, Künste im Dialog 13/14. August 2020, Salzburg, veröffentlicht Athena, wbv (Hrg. A. Rieder) 2022

9 Kommentare zu “Raum, Architektur oder ICH-DU-WIR.

  1. Dieser Text hat eine Poetik die ästhetisch einiges (er-)schafft, aber analytisch möchte ich hier doch noch etwas anmerken:

    Der Begriff „Raum“ ist polysem- das ist sprachwissenschaftlich sehr häufig und normal- und das bedeutet eben nicht, dass gleiche Worte mit unterschiedlicher Bedeutung in irgendeiner Hinsicht logisch oder assoziativ oder gar erkenntnistheoretisch zusammenhängen! Auch gleiche Etymologie kann zu komplett unterschiedlicher Bedeutung führen und ist auch in unterschiedlichen Sprachen verschieden!

    Daher erscheint es mir wichtig nicht zu mischen, sondern zu trennen: Die Raumwahrnehmung im Körper ist z.B. prinzipiell etwas anderes ,als der Außen- oder Innenraum eines Gebäudes ohne oder mit Beobachter*innen.

    Es ist mir außerdem unerklärlich, warum die Kunst die Psychologie als Wissenschaft derart missachtet (ich nehme an das hat historisch Wurzeln- welche?): Die Wahrnehmung- das Denken und die einordnende Emotion (Emotion und Kognition bedingen einander- hierarchielos!) entspringen der Psyche, weshalb Ästhetik einer gewissen spezifische Art des wahrgenommenen entspricht, aber nicht den Prozess an sich bezeichnen kann.

    Auch die Idee, dass „die innere Ordnung“ etwas auch nur mit „der äußeren“ auch nur zu tun hat, ist meines Erachtens eine falschverstandene Polysemie von „Ordnung“ als Wort begründet.

    „schizophren“ (sie Textanfang) als Wort für „paradox“ finde ich unpassend, die Krankheit hat nämlich einerseits nichts mit der Bezeichnung im scheinbar gebildeten Wortschatz zu tun, ist weiters weltweit etwa gleich verteilt zu finden, ist wie (fast) alle psychischen Erkrankungen keine Zivilisationskrankheit und ist, was viele überrascht sehr klar definier- und diagnostizierbar. Das bedeutet, dass Wahrnehmungsverzerrung im Denken, Wahrnehmen und Fühlen- mit den Sinnen wie auch emotional, klarer kommunizierbarer Normen folgt.

    Ich verstehe die Romantik im radikalen Konstruktivismus der Wahrnehmung nicht- gäbe es diese wären wir ohne Kommunikationsfähigkeit in uns selbst als Innenraum gefangen und könnten keine Bindungen zum Außenraum des Miteinander aufbauen. Aber Gott sei Dank ist das nicht so und deshalb finden wir einander im Zwischenraum und sind dadurch erst richtig menschlich und frei.

  2. Es gibt ja einige Studien zur Genderforschung die meistens keine Unterschiede finden. Aber es gibt anscheinend einen der signifikant ist, nämlich in zwei Arten der Raumwahrnehmung: von oben: Norden, Süden etc. und im Raum : geradeaus, zurück und rechts links und da gibt es anscheinend klare Geschlechtsunterschiede (Quelle: Spectrum.de)

    Was ich schräg finde ist, dass es sprachlich bei einer Weg Beschreibung keine Worte für „entlang der Gabelung 20 Grad links“ gibt, aber bei Landkarten Nord-Nordost z.B. und offenbar wird das auch nicht benötigt sonst gäbe es wohl Worte dafür….

  3. Der Raum des öffentlichen und der Bereich des Privaten – it’s all about virtuality

    Auf die vielfache Bedeutung des öffentlichen Raumes ist der Begriff des Privaten in seinem ursprünglich privativem Sinne bezogen. Bloß ein „Privatleben“ zu führen heißt in erster Linie, in einem Zustand zu leben, in dem mensch bestimmter, wesentlich menschlicher Dinge beraubt ist. Beraubt der Wirklichkeit, die entsteht, wenn das „Ich“ gesehen und gehört wird, beraubt einer „objektiven“ dh. gegenständlichen Beziehung zum Anderen, die sich nur dort ergeben kann, wo sich ein Zwischenraum auftut, durch die Vermittlung einer gemeinsamen Dingwelt, durch Kommunikation.

    Der private Charakter des privaten liegt so vor allem in der Abwesenheit des/der Anderen. Was der Privatmensch tut oder lässt bleibt irrelevant, ohne Bedeutung, da er nicht in Erscheinung tritt und es niemand sonst angeht was er tut, außer ihn/ihr selbst.

    In unserem momentanen Gefüge „Welt“ hat diese Beraubung, diese Konzentration auf den Bereich des Privaten, zu jener Verlassenheit geführt, die ein Massenphänomen geworden ist und sich in menschlicher Beziehungslosigkeit in ihrer extremsten und „unmenschlichsten Form äußert: im virtuellen Raum; ein „unmenschlicher Raum“?

    Diese „Virtuellen Räume“ des Informationszeitalters, an dessen Anfang wir wahrscheinlich erst stehen, haben noch unbestimmbare Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben. Die Ausdehnung medialer Räume führt zu einem Bedeutungsverlust des sich hart erkämpften Bereich des Privaten, des vermeintlichen Freiraums.

    Funktionen des so errichteten „Freiraums“ verschieben sich immer mehr ins Mediale. „Internet-Surfen“, „Online-Chat“, „Virtual Reality“ „Metavers“ sind nur einige Beispiele dafür, wie sich unser Lebensraum – bei gleichzeitig globalem Zugriff – immer mehr lokal konzentriert.

    Und hier ist sie, unsere Zerrissenheit: zum einen wollen wir alle unsere Individuen, unser Privatmensch sein, unsre Abgrenzung zum Andren bewahren und den pursten Individualismus leben und zum anderen suchen wir uns in der Virtualität aus dieser Vereinsamung heraus andere Vereinsamte, die sich dann doch wieder mit uns zusammenschließen wollen.

    Bloß das es nicht die Parkbank ist bei der nächstgelegenen Grünfläche, sondern irgendein Server in der Tiefsee des Pazifiks, auf dem wir uns dann treffen, um nur über uns selbst zu sprechen.

  4. Nach lesen des Beitrages, fing ich an zu beobachten, wie sich mein Körper in verschiedenen räumlichen Anordnungen bewegt beziehungsweise auch wohl fühlt.
    In Räumen wie dem Vorlesungssaal an der Universität, nimmt man als Teilnehmer/in an einem Tisch platz und richtet sich dort für den Zeitraum des Vortrages ein. Meist begibt man sich dann an den Lieblingsplatz. Bestenfalls nicht in der hintersten Ecke, vielleicht etwas mehr am Fenster doch auch nicht zu nah am Vortragenden. Wenn man sich auf seinem Platz eingerichtet hat, bildet sich meiner Meinung eine Art Abgrenzung zwischen meiner Person und den weiteren Anwesenden. In einem leerem Zimmer würde eine Trennung, die durch Tische und Stühle besteht, wegfallen und man würde seine Umgebung durch die ungewohnte Raum Anordnung anders wahrnehmen. Aus eigener Erfahrung fühlt sich mein Körper wohler, wenn räumliche Trennungen vorhanden sind. In öffentlichen Räumen wirken diese mehr einladend, wenn Grünabschnitte, Bänke, Brunnen etc. gegeben sind, zwischen denen man sich bewegen kann.
    Meiner Ansicht nach steigern Umgebungen in denen sich mein Körper wohlfühlt, das Verlangen sich dort aufzuhalten. Doch soll nicht jeder Raum diesselbe Funktion haben. Innenräume kann man dadurch zum Beispiel auf ihre Funktion hin einrichten. So verspürt man in Bibliotheken meiner Meinung nach durch die räumlichen Abtrennungen und individuellen Lernplätze eine andere körperliche Wahrnehmung wie in einem Hörsaal, der Platz für 200 Studierende bietet.

  5. Um die Wandlung des Ramschraumes, des bedeutungslos (belassenen oder gewordenen) „Raumes-Dazwischen“ – zwischen neuralgischen, sozial-konsensual als bedeutsam betrachteten Raumkonstellationen – zum (vermeintlich) angestrebten „Möglichkeitsraum“ zu wandeln, braucht es meines Erachtens vor allem eine bewusste, womöglich auch positive, konstruktiv schöpferisch motivierte – individuelle und gesamtgesellschaftliche – Sicht auf Welt.
    Ebendiese Ramschräume sind es doch auch – egal wie eng oder weit – die den Raum für die Schaffung neuer besonderer Raumphänomene – imaginierter und habhaft gemachter, materialisierter Traumräume – bereiten können – ja vielleicht sogar durch ihre scheinbare Unbespieltheit und Leere, Motivation für Schöpfung erzeugen – und so quasi letztendlich selbst durch ihre Stille, wiederum Dynamik und Veränderung erzeugen…

    Dem Eskapismus aus der vermeintlichen Belanglosigkeit dieser Räume, welcher sich gemeinhin u.a. durch die tendenzielle Bewegung hin in virtuelle Realität abzeichnet und sich wiederum symptomatisch durch das Entstehen von Menschenleere in Zwischenräumen, „zurück“ ins Analoge, auszeichnet und wirkt,
    kann das Erkennen bzw. Anerkennen ebendieser „Leere“ als Gestaltungsraum entgegenwirken.

    Wie auch die vielen besonderen Räume, deren Betreten uns in gewissen Maßen „überleben lassen“, können auch die Raumkonstellationen „dazwischen“ Besonderes leisten:
    Sie bieten Platz um Neues zu schaffen, erlauben uns einzugreifen, zu formen und die eigene Eloquenz, Bewegung und den eigenen Geist sichtbar zu machen.

    Insofern plädiere ich dafür, dem Raum-Dazwischen eine sinnbildliche Perikope zu verleihen – ihn zu einem imaginativ/ideologisch „rings umhauenen Stück“ Raumfragment zu ernennen – und ihn als ebenso wahrnehmbar/sinnstiftend/identitätsstiftend zu betrachten, wie die vielen konsensual-neuralgischen Räume, die uns alle – sichtbar – soziale Teilhabe erlauben.

  6. Über einen Fokus auf die Existenz einer „Psyche des Raums“ und deren subjektive Wahrnehmbarkeit kann Architektur und das Phänomen „Stadt“ auf einer vielschichtigen Erkenntnisebene erschlossen werden.
    Wie im Artikel eindrücklich beschrieben, fällt auch mir die starke, dem Neoliberalismus geschuldete Tendenz zur konsumfördernden Raumgestaltung auf. Über die letzten Jahrzehnte konnte man gut beobachten, dass ältere Gebäude oder Grünflächen baulichen, unökologischen Superlativen (zum Beispiel: „die meisten Parkplätze auf der kleinsten Fläche unterbringen“) weichen mussten.

    Dieser Fokus auf reiner Funktionalität und Gewinnerbringung birgt viele Problematiken und macht sich vor allem am Grad des Wohlbefindens der Bürger*innen im Stadtraum bemerkbar.
    Ein Phänomen vieler Städte, Salzburg eingeschlossen, ist, dass eine Aneignung eines urbanen (ZWISCHEN)raumes ohne offensichtliche Nutzbarkeit, zum Beispiel in Form eines (FREI)raumes für Skater*innen zumeist schnellstmöglich unterbunden wird. Häufig handelt es sich hierbei um die im Artikel als „Ramschräume“ bezeichneten räumlichen Gegebenheiten. Solche „bedeutungslosen Zwischenräume“ sind aber ebendann nicht mehr bedeutungslos, wenn ihnen eine neue Bedeutung gegeben wird.

    In der heutigen Zeit hat, so könnte man anhand der sich durchsetzenden Baukonzepte denken, das Bedürfnis zu permanenter „Brauchbarkeit“ des Raumes und das Messen der Qualität von baulichen und architektonischen Phänomenen durch ebensolche Parameter (Brauchbarkeit im Sinne der neoliberalen Marktwirtschaft) seinen Rekord erreicht.
    Ich denke aber, dass es sich in Wahrheit genau umgekehrt verhält: Das Bedürfnis der Menschen nach Interaktion, sich-treiben-lassen, in Beziehung und Resonanz mit der Umwelt gehen ist in der heutigen Zeit von großer Bedeutung.
    Unter anderem würde es, um diesem Bedürfnis leichter – ja auf ungezwungene Art und Weise – nachzukommen eine dafür geeignete Raum-Konstruktion, beziehungsweise räumliche Basis brauchen. Das ist mir nach Lesen dieses Artikels nun (noch) klarer geworden.

  7. Mir ist lange Zeit das Vorhandensein solcher Zwischenräume nicht sonderlich aufgefallen, durch das Lesen des Artikels werden sie mir erst wirklich bewusst. Zudem hat dieser Artikel einige Gedankengänge losgelöst, wie man am besten mit diesen Orten umgeht.
    Mein erster Gedanke war, dort Bänke und andere Arten von Sitzgelegenheiten zu platzieren. Aber dies kann man auch noch weiter denken. Denn ein guter Weg diese Räume zu nutzen, wäre vermutlich einen Ort der Zusammenkunft für Menschen daraus zu entwickeln. Räume in denen man sich einfach treffen kann, miteinander reden, oder einfach in Ruhe dort zu sitzen und beispielsweise ein Buch zu lesen. Räume so zu gestalten ist natürlich in einer Stadt besonders wichtig, aber ich glaube auch in ländlichen Gegenden könnte man davon profitieren.
    Auf der anderen Seite muss auch nicht jedes Stück Boden einen Sinn haben. Ein Weg wäre es auch ihn den Menschen, die dort leben, zu überlassen und zu sehen, was sie aus diesem Raum machen.
    Ich kann jedenfalls sagen, dass ich Zukunft solche Räume nicht mehr bloß ignorieren werden. In meinem Kopf werden mir wahrscheinlich von nun an verschiedenen Möglichkeiten erscheinen, wie man diesen Platz besser nutzen könnte, und wenn ich ehrlich bin wird es vermutlich in Form einer oder mehrerer Bänke sein.

  8. Dass vor allem die Psyche des Raumes bedeutsam ist, merkt man auch wenn man sich Studien zu Auswirkungen auf Leistung bezogen auf Lernumgebungen etc. ansieht. Raum macht etwas mit uns, dessen Wirkung beeinflusst uns. Er sorgt dafür, dass wir uns besser oder schlechter konzentrieren können, wirkt sich auf unser Gefühlslage aus, je nach Gestaltung, etc. Dies fällt vor allem auf, wenn man sich Studien zur Farbwirkung ansieht oder die Wirkung von organischer Architektur verglichen mit sterilen, minimalistischen Klotz-Bauten auf das eigene Empfinden analysiert, wobei dieses ja wiederum subjektiv ausfallen kann.

    Ebenso die Aussage, dass Raum den „Rahmen/Gerüst/Schwamm für menschliche Handlungen“ und Interaktionen darstelle, finde ich eine interessante Feststellung. Ist mit Raum nun der „unsichtbare Zwischenraum“ zum Beispiel zwischen zwei Körpern gemeint, sodass sich dieser Zwischenraum auch da auftut, wo noch keine gebaute Architektur vorhanden war beispielsweise bei der Interaktion zwischen zwei Höhlenmenschen. Muss dieser Zwischenraum gebauter Raum sein? Oder vielmehr ist dieser Raum dieser, „Zwischen-Raum“, dieser Spannungsraum, der wahrnehmbar, aber nicht gebaut ist.

    Ebenso interessant, wie auch traurig ist meiner Meinung nach die Verschiebung der realen Räume in den virtuellen Raum. Dass dies immer mehr zu nimmt, ist allein an dem Generationsunterschied beim Umgang mit elektronischen Geräten zu erkennen. Die Interaktion nimmt immer mehr ab, man siehe sich beispielsweise Schulkinder im Bus an, die mit den neusten Handyspielen beschäftigt sind, statt miteinander zu reden, und dafür gedanklich in diesen virtuellen Spielräumen stecken, wobei weder der reale Bus-Umraum noch die vorbeirasende Umgebung wahrgenommen wird.

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