So etwas verschollenes. Sozialhygiene pur.
Es scheint doch so zu sein, dass eine menge kritischer und querdenker manifestschwanger sind, aber niemand will gebären. JT ist bereit. Wir sollten uns anschliessen. Anstatt, An-stadt (maxRIEDER 1994).
Zeitgenössisches (früher avantgarde) beschäftigt sich mit biomorphologischem. Aber nur mit den oberflächen des biomorphologischen. Das innere, das organische, der ausdruck desselben verbleibt verborgen, ismen und a-persönliche algorithmen und programme erledigen die form, im besten fall die gestalt. Wer hat noch ein konzept zur form, zur gestalt, der möge sich melden.
Zur sache des großen anlassdenken:
urbo kuno.
Nun will JT ja keinen neuen staatsroman a la Utopia (Thomas Morus, 1517), Sonnenstaat (Tommaso Campanella, 1623) oder Neu-Atlantis (Francis Bacon, 1638) verfassen – na indirekt eine neue europäische stadt initieren, was unter heutiger Zukunftsperspektive wohl das fortschrittlichste sein würde. Städte als Staaten (hatten wir wohl schon vor einiger Zeit). Städte als die scheinbar einzig demokratisch überschaubaren, administrierbaren Strukturen unserer Zeit genießen besonderen Fokus der Modellhaftigkeit. Weniger die Megacities, mehr doch die Mittelstädte, das Gros der Städte weltweit spannen ein Netz des persönlichen, individuellen und kollektiven Austausches auf. urbo kune, in seiner konzeption der 9 Prämissen geht weiter, oder anders gesagt schreibt sich einen „contrat social europeen visible“ (vgl. Jean-Jacques Rousseau, Du contrat social ou principes du droit politique, 1762) für eine europäische hauptstadt des 21. jahrhunderts. Entgegen der humanistischen Vorläufer der renaissance, die ihre manifestationen auf eine insel auslagerten, schlägt JT eine reparatur existierender non-sites, wastelands vor. Eine quasi altlastenentsorgung der unwirtlichkeit (der städte) , technokratisch: konversationsflächen neu zu meliorieren. Reurbanisierung in aller munde, so auch in der utopie. Civitas Dei (Augustinus) und seine philosophischen Vor- und Nachläufer, allesamt dem Versuch unterlegen, als Philosophen den Staat/Stadt zu begründen, weichen den Künstlern und Kunstschaffenden im 21. Jahrhundert.
Eine interessante Perspektive, aber vielleicht auch ein verlegenes Modell – die Hauptstadtfrage. Diese wird subtil spezifiziert, es ist vielmehr ein hohes konzentrat von kulturbauten, bildungs- wissenschafts-, forschungs- und sport (!)-bauten, welches JT als die träger des hauptstädtlich-europäischen, eine kulturhauptstadt europas (Europe (gr.) „die (frau) mit der weiten sicht“ oder nach Bernhard-Henri Levy „kein ort, sondern eine idee“ vorsieht. Die idee soll gebaut und benannt werden (urbo kune = gemeinsame stadt). Vielleicht ist der hauptstadtvorstellung etwas unglücklich gewählt, sind wir doch im zeitalter der netzkonfiguraration anstatt der zentralisierung, aber das gemeinsame, übergeordnete – hier die kultur – ist eine leitidee. Die gebaute kultur, das könnte manchmal die architektur oder die stadt leisten, als dreidimensionaler kultureller akt. Das gemeinsame der humanistischen utopien, und der nachfolgend weniger erfreulichen sozialutopien bis hin zum sozialistischen kommunismus beschäftigte „der pool der wechselbeziehungen (=europa)“ besonders und bis heute. Der kultur der kulturen, einen baulich-manifesten ausdruck zu ermöglichen, zeigt einen mangel der europäischen union, aber auch den freiheitsgrad derselben auf. Benötigen wir dieses symbol tatsächlich, und wenn, real oder nur virtuell? Mittlerweile dürfen wir doch festhalten, dass das virtuelle mindesten so real rüberkommt und das reale doch ziemlich relativ wirkt, aber „der gedachte urzustand des goldenen zeitalters“ (Ovid) scheint seine strahlkraft fortwährend solar zu transmittieren. Eine stadt wird niemals final, also fertig gebaut, ansonsten makulatur oder totes museum/weltkulturerbe, also könnte doch urbo kune an vielen orten explizit werden, und sich dem konkretem ort entsagen. Wir, also die klein-und mittelstädter (europa) haben doch eher das problem den richtigen standort zu finden und diesen jahrzehntelang herumzuschieben, abzuwägen anstatt zu bauen. Deshalb möge eine urbo kune version2.0 den ort, den genius loci erweitern, auf ein netzwerk von orten hin und täte sich gegenüber einem bürokratische (abge)legenen geburtsvorgang leichter, minimalinvasiver, potentiell hockend und somit natürlicher.
Lassen wir uns überraschen von den zukünftigen EUministerien Liebe, Weisheit und Mut zum Originellen. Die verortung haben doch die situationisten um Constant schon versucht/angedacht.
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Autor:
maxRIEDER
maxRIEDER.at
ArchitekturWasserStadtLandschaft&Gestaltungsprozesse
plant&baut&lehrt&mediert&reflektiert