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ORF Medienstandort Küniglberg

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Ein disziplinierendes Architektenwettbewerbsverfahren versus einer undisziplinierten Form der Bewerbung.

Die Architekturen des österreichischen Rundfunks sind, trotz der noch kurzen Geschichte des Mediums, als exemplarisch zu betrachten. Sie sind Zeugen einer kulturellen Kraft und bislang für die Identität des öffentlich/rechtlichen Medienunternehmens von essenzieller Bedeutung – auch international. Clemens Holzmeisters Funkhaus in der Argentinierstraße strahlt Gediegenheit und Seriosität aus, ermöglichte hochwertige Startbedingungen für den Sender.

Für den politisch-emanzipatorischen Weg des Mediums in die Moderne fand man mit Roland Rainer und Gustav Peichl kongeniale Partner, die diesen entscheidenden Schritt in zukunftsweisende bauliche Wirklichkeiten transformierten. Die Zusammenfassung der davor verstreut liegenden Einrichtungen des österreichischen Fernsehens am Küniglberg, in einzigartiger landschaftlicher Lage, in Kombination von technischen Innovationen mit kultureller Atmosphäre fand einen ganz spezifische, radikale Form, die gewiss den hohen architektonischen Anspruch der damaligen Auftraggeber manifestiert. Eine ähnlich anspruchsvolle Haltung zeigt auch die Konzeption der einzelnen Bundesländerstudios mit deren Verweisen auf avantgardistische, internationale Architekturtendenzen der 60er Jahre.

Der öffentlich/rechtliche Charakter des Medienunternehmens wurde damit erstmalig in Österreich architektonisch neu thematisiert und zwar in hervorragender Qualität, als gute Basis einer nun möglichen, zukunftsweisende Programmierung, die sich von den neueren kommerziellen Sendern abheben kann/könnte.

Mit der vorliegenden Wettbewerbsauslobung ‚Erweiterung Medienstandort ORF’ scheint der ORF nun den erfolgreichen Weg der Suche nach baukünstlerischer Vorbildwirkung zu verlassen. Anstelle einer neuerlichen Ideenfindung für eine originäre architektonische Neudefinition/Interpretation des gesamten Ensembles des Medienstandortes Küniglberg reduziert sich die nun nur noch fragmentarische Aufgabenstellung auf rein pragmatische Inhalte. Gefragt wird nicht mehr nach einem visionären Gesamtkonzept für die Zukunft auf Basis des diffizilen, in seiner konstruktiven Direktheit einmaligen Bestandes, sondern die getrennte Betrachtung von Erweiterungsbau (mit vorgegebenem Abbruch) und denkmalpflegerischer Restaurierung des Hauptbestandes. Das entspricht keineswegs mehr den heutigen Erkenntnissen einer kulturellen, aber auch ökologischen Nachhaltigkeit. Nicht die Vereinfachung, die leichte Administrierbarkeit sollten den Ausgangspunkt bilden, sondern die Zulassung eines komplexen Denkens, das die differenten Ansprüche zu etwas Neuem formiert – vielleicht experimentell, intelligent.

Die Vorgehensweise nach Dienstleistungskriterien hat sich schon beim Weiterbauen des Stadthallenkomplexes als wenig zielorientiert erwiesen.

Dagegen stehen die freie architektonische Idee, die Idee der Freiheit der Medien, die sich verändernden Bedeutungen/Werte einer alles umfassenden Mediengesellschaft.

Hätte die jeweiligen Initiatoren/Auftraggeber/Architekten bei den Vorhaben ‚Centre Pompidou’, ‚Learning Center Polytechnique Lausanne’, ‚Synthese Museum Wien’, …. nach den gegebenen Ausschreibungsbedingungen agiert, dann wäre die Welt der exemplarische Zukunftsentwürfe enthoben, also kulturell ärmer.
Nicht die Wiederholung des scheinbar schon immer Gleichen / Bewährten (Referenzprojekte), nicht die hohen Umsätze von vorwiegend rein kommerziellen Büros, nicht die Vertrautheit mit den Banken, … befähigen zu Architekturleistungen.

Dazu bedarf es des entsprechenden politischen Willens, der Gabe zur Analyse, des interdisziplinären Erarbeitens zukunftstauglicher Szenarien, daraus resultierender Zielsetzungen und danach der kraftvollen Architekturen, geplant von den besten Architekten mit der Fähigkeit zur Imagination.

PAUHOF Architekten erlauben sich also, die Bewerbung für die architektonische Neudisposition des ORF Standortes Küniglberg etwas anders aufzufassen. Trotzdem erhoffen wir uns eine Einladung zum Konkurrenzverfahren.

PAUHOF Architekten
(Michael Hofstätter / Wolfgang Pauzenberger)

Wien, Juni 2014

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Foto: Christian Kadluba cc na sa

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