Andreas Knittel – Wie einfach ist es doch Nicht-Experten für „Bilbao“, das „Vogelnest“ oder „die BMW-Welt“ zu begeistern.
Noch leichter zu erwirken: das Bewundern von historischem Bauten – egal welchen Ausmaßes und beinahe unabhängig des politischen Systems der Zeit in der sie errichtet wurden.
Aber weshalb?
Zum einen, weil diese Sehenswürdigkeiten eh weit weg sind und zum anderen, weil sie entweder in meinungsbildenden Hochglanzmagazinen lediglich oberflächlich angesehen oder als Tourist in Freizeitlaune mit urlaubsbedingter Entspanntheit konsumiert werden. Das Hinterfragen solcher Architektur-High-Lights bedürfte Auseinandersetzen und Stellungnahme.
Aber wie schwierig ist es ähnliches in der Heimatstadt oder gar in der unmittelbaren Nachbarschaft zu akzeptieren?
Da ist viel leichter eine Position zu beziehen: Neues ist ein Problem … und modernes erst recht!
Und jetzt ist der berufene – nicht jobbende – Architekt gefragt:
Ideen als spezifische Antwort auf gestellte (Bau-)Fragen;
Konzepte, die die Umgebung berücksichtigen;
Entwürfe, als Diskussionsgrundlagen;
Projekte als bestmögliche Resultate;
Gespräche mit Anrainern und Nachbarn;
Überzeugen von Verwaltungen und Behörden;
Leiten, Lenken und Motivieren der Ausführenden;
Hilfestellungen jedweder Art, vor allem für die Bauherrnschaft.
Ein wunderbarer Beruf: mühselig vielleicht, befriedigend, wenn ’s passt, sicher!
Und wer von den betroffenen Laien einmal so einem Prozess – unabhängig in welcher Rolle – beigewohnt oder diesen begleitet hat, hat hoffentlich Fähigkeiten entwickelt, Bauten unabhängig von Mode, Zeitgeist und vorgefassten Meinungen zu beurteilen.
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Autor
Andreas Knittel
Foto: creative commons formato digital
27. Mai 2013 um 16:14
Ich gehe immer belustigt an diesen Zelten vorbei, wo alt eingesessene SalzburgerInnen protestieren, dass ein Bauprojekt (ich glaube, es sollte irgendwoe hinter dem Unfallskrankenhaus realisiert werden) gestoppt werden soll. Ich wohne jetzt doch schon viele Jahre in der Stadt Salzburg und konnte beobachten, wie man sich in der inneren Stadt verhalten muss. Ein wunderschöner Ort, perfekt, korrekt, sauber. Die Bettler werden so gut es geht verbannt, die Junged erst recht, je weniger Bänke man aufstellt, desto weniger unliebe Personen befinden sich auf dem Residenzplatz, wo die Touristen ihre perfekten Fotos schießen können. Salzburg versucht in der Innenstadt den Schein zu wahren es wäre perfekt, alt und nobel. Wenn nun einer daher kommt und versucht, bunte Sitzbänke aufzustellen oder einen modernen Glasbau zu errichten und das perfekte Bilder der Stadt zu stören, so ist er der Feind. Ich weiß, ich habe dies nun sicher etwas zu scharf formuliert, aber im Großen und Ganzen glaube ich, dass dies einer der Gründe ist, warum neue Architektur von so vielen so verhasst ist. Und das ist bestimmt in allen anderen Städten auch so.
16. Juni 2013 um 03:09
Überraschenderweise gibt es in Salzburg einige Ausnahmen. Ob dies der Hanger 7 mit Flugzeuggarage wie auch die Firmenzentralle von Red Bull ist oder das Pappas Firmengebäude. Es gibt immer wieder einge Objekte die aus diesem Einheitstrot ausbrechen.
Dass in der Innenstadt wenig Freiraum für was Neues gibt, verstehe ich, da wir auch von den Touristen anhängig sind. Was jedoch nicht übersehen werden darf, ist, das auch die alten Gebäude, im besonderen die Hohe Festung, einen gewissen Reiß ausüben. Genau deshalb kommen die Touristen nach Salzburg. Dennoch finden Künstler in Salzburg immer ein offenes Ohr um Ihre Projekte an/unter das Volk zu bringen. Wir erinnern uns noch an die bunten Kühe, des Mozart Gebilde oder der auf den Kopf stehenden Hubschrauber.
25. Februar 2019 um 22:03
Ich finde es unglaublich wichtig, einer Altstadt, berühmt oder nicht-berühmt ist irrelevant, den Charme zu lassen. Die alten und mit Stuck verzierten Bauweisen machen diese Orte erst besonders. Nichtsdestotrotz kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum sich Teile Bevölkerung über moderne Gebäude ärgern und/oder sogar dagegen protestieren. Im Grunde genommen war die Altstadt ja auch in einem gewissen Zeitalter mal modern – damals gab es bestimmt auch Verfechter, die gegen diese Bauweise waren und dennoch wird sie heute von vielen Leuten aus aller Welt bewundert. Wenn nicht der Fortschritt die Menschheit ausmacht, was dann? Ein Protest gegen neue architektonische Verwirklichungen ist wie ein Protest gegen Fortschritt und Kreativität. Man sollte ein Bauwerk nicht sofort nach dem beurteilen, was man selbst als ästhetisch oder schön empfindet! Architektur ist nicht nur für die Ästhetik da! Es stecken viel mehr Elemente in dem Konstrukt eines Bauwerkes. Es ist fast wie ein Bild, das eine Geschichte erzählt – die Wirkung von Farben und Formen, deren Kombinationen und Inszenierung, das Zusammenspiel mit der Umgebung und dem Innenleben haben meist mehr, als nur zweckdienliche oder „schöne“ Gründe. Kunst ist Kunst und diese muss nicht immer nur ästhetisch sein – außerdem bemühen sich die Architekten sehr, dass das Gesamtbild von modernen Werken mit der Altstadt gut harmoniert. Vielleicht sollte man sich, bevor man lautstark gegen ein Projekt ankämpft, sich mit Grundlagen der Architektur auseinandersetzen und ein bisschen „hinter die Fassade“ blicken. Dann wird wahrscheinlich vielen Menschen bewusst, dass ihre Einwände unbegründet sind. Das Moderne mag vielleicht anfangs etwas befremdlich wirken, denn der Mensch ist so gepolt, dass er sich ungern mit neuen Dingen beschäftigt, die nicht dem Alltäglichen, dem Gewohnten entsprechen und somit das Fremde und „Schlechte“ suggerieren. Aber sobald man sich auf das Ungewohnte einlässt, kann großes Entstehen. Aller Anfang ist schwer und wahrscheinlich dauert es noch eine Weile, bis sich unsere Gesellschaft an das „Nicht-Häusliche“ gewöhnt, aber sicher ist, dass sich Entwicklungen nicht aufhalten lassen und Kunst sich immer wieder weiterentwickeln wird. Denn sie ist das Nebenprodukt einer sich ständig wandelnden Gesellschaft – das eine kann nicht ohne das andere Vonstattengehen. Die untrennbare Verbindung wird trotz einiger Kritiker und Gegner bestehen bleiben und sich weiterhin durch die Geschichte der Menschheit ziehen. Wie wird unsere Welt also in 100, 200 oder 500 Jahren aussehen? Ist „unsere moderne Kunst und Architektur“ dann endlich ästhetisch genug für den modernen Menschen von morgen?