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Kontroverse „Weltkulturerbe Salzburg usw.“ (Redaktionelle Auszüge)

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(Lesen Sie die Vollversion im downloadbaren Dokument zur Verfügung gestellt von
Dr. Christian Walderdorff, Veröffentlichungsbezug „Die bedrohte Stadt“ Strategien für menschengerechtes Bauen in Salzburg, Kurt Luger / Christoph Ferch (Hrg.) Studienverlag Innsbruck 2014)

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
STELLUNGNAHME ZUM ICOMOS REPORT DER ADVISORY MISSION ZUR WELTERBESTÄTTE HISTORISCHE ALTSTADT VON SALZBURG (ÖSTERREICH, C 784) VOM 2. BIS 3. APRIL 2013 Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1

Auszug aus Christian Walderdorff:
DIE MÖCHTEGERN-TÜRMER VOM BAHNHOF, ICOMOS UND SALZBURG
Anmerkungen zu einem kleinen Pamphlet der HALLE 1

Auszug Authentizität

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
Der Begriff einer fest geschriebenen Authentizität gepaart mit zu erhaltender Integrität (richtig wäre weiter zu entwickelnder Integrität) ist auf den Stadtkörper einer mitteleuropäischen Stadt nur bedingt anwendbar, da eine solche Stadt in einer ständigen Entwicklung und Veränderung begriffen ist. … Somit ist das neue „Mozarts Wohnhaus“ historisch betrachtet nicht authentisch, also nicht echt, es fehlt ihm die Integrität. Es kann nicht als Original bewertet werden. Dennoch scheint es im ICOMOS Bericht nicht als Gefährdung für Salzburg als Weltkulturstätte auf.

Ähnlich aber weniger dramatisch verhält es sich mit dem AVA-Hof, dem wieder aufgebauten Haus am Platzl und den unzähligen, anpasslerischen Wiederaufbauten in der Schutzzone I nach dem Zweiten Weltkrieg. Gerade im Zweiten Weltkrieg sind unwiederbringliche Zerstörungen passiert, welche durch angleichlerische Wiederaufbauten ein ursprünglich vorhandenes Bild der Altstadt vorzutäuschen versuchen. Alles potemkinsche Objekte in der innersten Schutzzone und dennoch kein Problem für ein Weltkulturerbe? …. Insofern ist die Behauptung, dass es sich bei der Salzburger Altstadt um eine unversehrte kirchliche Residenzstadt mit Authentizität handle, falsch. Ebenso falsch ist der Ansatz von ICOMOS, die Gefährdung eines Verlustes von Authentizität für die Altstadt falschen Entwicklungen in den umgebenden Stadtteilen zuzuschreiben. … Die Etikettierung „Weltkulturerbe“ für die Stadt Salzburg ist nur unter Anerkenntnis ihrer kontinuierlichen Entwicklung zu sehen, zu akzeptieren und zu verwenden. Authentisch ist Salzburg somit nur im Hinblick auf seine aktuelle Seinsweise durch seine Übereinstimmung mit sich selbst und seinem Werden, jetzt und künftig. Man kann eine Stadt nicht wie ein Denkmal betrachten. Weltkulturerbestatus hat nur dann einen Sinn, wenn man den Begriff ganzheitlich anwendet, samt Moderne, Postmoderne, Jetztzeit, bis hin zu den sich abzeichnenden notwendigen baukünstlerischen Strömungen…. Authentizität hängt also immer vom Zusammenwirken mehrerer Variablen ab. Daher ist das einäugige Hinschielen auf nur eine Stilepoche für ein Sachverständigengutachten mit den geforderten weitreichenden Konsequenzen unzulässig.
Literaturempfehlung hierzu: Wolfgang Büchel: „Architektur-Präsenz: die Prinzipien architektonischer Wirklichkeit“, 2001 …

Auszug aus Christian Walderdorff:
Der Bewahrungsgedanke nach ICOMOS baut auf dem Begriffspaar der Authentizität und der Integrität auf und schreibt beides der Kernzone Altstadt, nicht aber den sie umgebenden Stadtteilen und der Neustadt zu. Wer sich ein wenig mit dem UNESCO-Weltkulturerbe vertraut gemacht hat, weiß, dass ICOMOS sich nur mit den Entwicklungen in der Weltkulturerbezone und den umliegenden Pufferzonen befassen darf. …

….Mozarts Wohnhaus am Makart-Platz als ein angeblich anschauliches Beispiel für das „Unechte“ an Salzburg. Abgesehen davon, dass – wie alle Kenner wissen – W.A. Mozart (den sie offenbar meinen) kaum je dort gewohnt hat, stimmt es auch ganz und gar nicht, dass ein beschädigtes Gebäude nicht in seiner Art wieder aufgebaut werden dürfte. Das Gegenteil ist der Fall. Warschaus von den Nazis zerstörte Innenstadt haben sogar die Kommunisten als Identifikationsraum für den polnischen Nationalstolz akribisch-lebendig rekonstruiert, statt auch dorthin ideologisch verblendet öde Plattenbauten zu pressen. Von Mozarts Wohnhaus stand aber noch ein alter Rest, so dass sich ja eine Wiederherstellung des früheren Bestandes umso mehr anbot. …

….Fall beim AVA-Hof. Der ist selbst für blutige Laien als ein Ein-kaufs- und Bürogebäude aus den späten Sechzigerjahren (präzise 1968) zu erken-nen. Zuvor hatte man die 1873 auf altem Türnitz- bzw. Kasernengelände aufgeführten Schulbauten geschleift. Also gerade kein ‚anpasslerischer, angleichlerischer‘ Wiederaufbau, sondern eindeutig ein Neubau mit völlig nichtssagenden Fassaden….

Gibt es etwas Reaktionäreres, als wenn enthemmte Raffgier nach dem Motto MAMMON VOR MENSCHEN versucht, Schutzzonen mit Denkmälern menschenverachtender Profitsucht zu verschandeln und verfremden, worauf das Kapital entfleucht? Gibt es etwas Verlogeneres, als wenn Architekten mit modernistischer Phrasendrescherei ihrem Ungeist Monumente setzen? ..
scheinen bemerkt zu haben, dass mittlerweile zwei Hochschulen – die Alma Mater Paridiana und die Uni Mozarteum – im historischen Zentrum aktiv sind. Das akademische Treiben könnte viel zu gut durchmischtem Alltagsleben beitragen, wenn die Stadtplanung samt Altstadtstelle energisch akademisches Wohnen (Studenten, Mittelbau, Professoren) im Zent-rum fördern und im Sinne des Weltkulturerbes zusammen mit den Unis Veranstaltungsserien in der einzigartig bühnenhaften „Stadt als Szene“ aufziehen wollte. Mittlerweile könnten die Stadtplaner darin sogar schon von Krems lernen – falls sich die dortige Uni zu ihnen durchsprechen sollte. …

Auszug Integrität

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
Das nach ICOMOS zu Bewahrende baut auf dem Begriff der Integrität auf.
ICOMOS unterstellt, dass die historische Altstadt von Salzburg ein stimmiges Bild einer kirchlichen Residenzstadt darstelle und dass dieses Bild durch ungünstige Auswirkungen neuer Entwicklungen in der Pufferzone und der Umgebung gefährdet werde. Dieser Ansatz trifft nur dann zu, wenn man zur obersten anzustrebenden Maxime für die Stadt Salzburg den Status einer kirchlichen Residenzstadt erklärt, auch wenn inzwischen hunderte Jahre ins Land gezogen sind und wenn der Blick so verstellt ist, dass man dieses Ideal immer noch als unversehrt empfindet…. Auf jeden Fall verlangt eine solche Sichtweise nach einem hohen Maß an Geschichtsausblendung. Nicht zu vergessen sind die aktuellen und nachteiligen Auswirkungen und Schädigungen für die durch den Tourismus zertrampelten und ihm zuliebe verkitschten Altstadt. An dieser negativen Entwicklung der jüngeren Zeit hat das Etikett „Weltkulturerbe“ erheblichen Anteil und leistet kräftig Vorschub, genau so wie an den steigenden Grundstückspreisen und der Unerschwinglichkeit von Wohnraum für jüngere Bewohner/Familien in der „eigenen“ Stadt.
„Salzburg das Weltkulturerbe, das barocke Kleinod am Rande der Alpen – kommen Sie, kaufen Sie ein oder kaufen Sie sich ein.“ … Der Bericht berichtet uns, dass die eindimensional auf eine Idealstadt aus dem Barock fokussierten und nach rückwärts gewandten Sichtweisen von vorrangig pensionierten und mehrheitlich beamteten ehemaligen Experten nicht den erforderlichen zeitgenössischen und auf eine bessere Zukunft bedachten Notwendigkeiten, Anstrengungen und Bemühungen für unser Gemeinwesens gerecht werden können und die Expertise keine Idee über die Komplexität einer Stadt aufweist….

Auszug Christian Walderdorff:
Zunächst stammt die Begriffsbestimmung nicht von ICOMOS, sondern von der UNESCO. Dann ist das Erlebenkönnen des Bestandes einer kulissenhaft äußerst reizvollen fürsterzbischöflichen Residenzstadt für Hiesige wie Gäste von höchstem und genussreichstem Gedächtniswert, was zumindest bei den darstellenden Künsten (Salzburger Festspiele, maßgeblich erwachsen aus Max Reinhardts Idee der „Stadt als Szene“) weitum ausstrahlt… Der Vorwurf, die ICOMOS-Expertise weise keine Idee über die Komplexität einer Stadt auf, geht vollends nach hinten los. Gerade das Negieren oder Nichtkapieren des Sinns von Gedächtniszonen in einer uralten Stadt, die neben dem allergrößten Teil des Gemeinde-gebiets eine unschätzbare urbangeistige Funktion für die ganze Bürgerschaft mit den einpendelnden Arbeitskräften und den Gästen haben, zeigt, dass der Vollbegriff von städtischer Vielfalt …selbst fehlt…

Auszug Übergeordnete Zielsetzungen/Entwicklungsstrategien

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
Eine Stadt, die sich nicht von innen heraus immer wieder erneuern kann, ist dem Niedergang geweiht oder zumindest einer hohlen Fadesse anheim gestellt. Über kurz oder lang wird so eine Stadt an Bedeutung verlieren. Es ist daher unsere Aufgabe, junge Menschen anzusprechen, ihnen Objekte zeitgenössischer Identifikation anzubieten, um sie so teilhaben zu lassen an der positiven Weiterentwicklung der Stadt. Sie können neue Perspektiven einnehmen. Daraus ergeben sich neue Horizonte, also Vorgriffe auf neue Erkenntnisse. Das große Problem selbst ernannter Architekturkritiker ist die, sich aus ihrem Wirken ergebende, Erstarrung der Stadt. Eine Stadt kann nicht dem Tourismus zuliebe eingefroren werden…

Auszug Christian Walderdorff
…dass die Stadt dem Niedergang geweiht sei, weil sie sich nicht von innen heraus immer wieder erneuern könne. Wer hindert Salzburg daran, genau das auf 95 % seines Stadtgebiets zu tun? Oder meinen die Autoren mit Erneuerung von innen heraus, dass endlich im Stadtzentrum, wo das für Bauspekulanten und deren Architekten am profitabelsten wäre, fundamentalistisch-neutümlerisch herumgefuhrwerkt werden sollte? Schluss mit ‚altehrwürdig‘, Schluss mit Welt-klasse – Bauten nach dem Vorbild von Bottrop, Castrop-Rauxel oder Wanne-Eickel, also nach dem Leistungsvermögen masseneinschachtelnder 0815-Architekten, sollen endlich auch das Salzburger Stadtzentrum prägen, damit die Jugend sich mit etwas identifizieren könne. Na bravo! Würden wir solche Leute ran lassen, hätte Salzburg alsbald der Ruf eines Vororts des sich uferlos ausdehnenden, fast ungehemmt wuchernden Weltunkulturerbes.

Auszug Meinungsdiktat

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
Konservative Medien setzen voraus, dass niemand das Neue wünscht, sie liegen damit aber falsch…
Wenn Chefredakteur…von abgehobenen Architekten spricht kann man ihm nur Präpotenz der Journaille entgegenhalten. ..Am Beginn der lang angelegten Kampagne befragte man den „Gwandhausbesitzer“ der selbst im immerwährenden Grünland gebaut hat, nach seiner „Expertenmeinung als Trachtenhersteller“ zu den architektonischen Belangen und Grundfragen der Stadt…

Auszug Christian Walderdorff:
Müssen alle Salzburger kuschen und sich von einem hohepriesterlich schwarz gewandeten, erlauchten…angeführten Besserwisserkonventikel wort-, ja widerstandslos zwangsbeglücken lassen?…

Auszug Hausgemachte Inkompetenz

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
Salzburg möchte die Eigenverantwortung abgeben und bettelt ICOMOS herbei. Zudem erklärt der Vorsitzende des Stadtvereins nach der Vorstellung des Bahnhofprojektes durch HALLE1:
O-Ton …: „Die Meinung eines Herrn …l, der von auswärts kommt, ist für uns nicht maßgeblich. Wir wissen selbst, was wir in Salzburg brauchen.“… Der Gestaltungsbeirat, auf dessen Einführung vor 30 Jahren Salzburg stolz ist, wurde als zuständiges und unabhängiges Expertengremium zur Teilnahme am zweitägigen Termin nicht eingeladen und durch ICOMOS während des Besuchs in Salzburg zu den behandelten Themen nicht gehört…

…dass die nach dem Salzburger Altstadterhaltungsgesetz (SAStEG) für dessen Schutzzonen zuständige Sachverständigenkommission (SVK) ebenfalls nicht zu Wort kam. Zweitens ist der Gestaltungsbeirat bekanntlich laut § 62 (3) des Salzburger Raumordnungsgesetzes ausdrücklich für das Altstadtschutzgebiet unzuständig und davon abhängig, ob die SVK fallweise einzelne Mitglieder als Fachexperten (SIC) beizieht…

Auszug Unipark Nonntal

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
Das mehr als gelungene und mehrfach für die städtebauliche Glanzleistung, seine herausragende Architektur und die exzellente landschaftliche Einbindung prämierte neue Universitätsgebäude im Nonntal wird lapidar und herabwürdigend wie folgt beschrieben…

Auszug Christian Walderdorff:
Städtebaulich sind die im Nonntaler Kontext viel besseren Wettbewerbsvorgaben der Aufteilung in mehrere getrennte Baukörper nicht erfüllt. Ein solches Erscheinungsbild, das von Cambridge über Oxford mit ihren Kollegsbauten bis zu amerikanischen Universitäten gemischt angelsächsisch-deutsch-kontinentaleuropäischer Traditionen reicht, hätte auch den Geisteswissenschaften viel mehr entsprochen. Das führt zu einem Hauptkritikpunkt. Die Moderne rühmt sich doch, die Form leite sich aus der Funktion ab. (Unterschlagen wird dabei, dass diese Regel zu allen Zeiten galt, allerdings nie verabsolutiert wurde.) Funktion aller Bautrakte ist es, die Geisteswissenschaften in Forschung und Lehre zu behausen. Das kann aber niemand am Gebäude ablesen. Es wirkt wie ein x-beliebiger Verwaltungsbau und ist es auch…

Auszug Projekt „perron“ Rainerstraße/Bahnhofsvorplatz:

Auszug aus Gerhard Sailer + Heinz Lang, HALLE 1
Der neue Turm und sein Langhaus stellen ein zum Hotel Europa komplementäres Stück Architektur dar. Sie stehen für Anmut, Selbstbewusstsein, Körperlichkeit und Transzendenz zugleich. Während das Hotel Europa ein Symbol für eine vergangene Epoche darstellt, strebt der Neubau nach qualitätsvoller Veränderung der stadträumlichen Atmosphäre auf Niveau der Passanten aber auch als Zeichen in die Umgebung. Insofern unterscheidet sich der neue Turm in zweierlei Hinsicht vom Hotel Europa. Einmal als Objekt um 90 Grad verdreht, also als schlanke Scheibe, aber mit der Schmalseite zur Stadt. Und das andere Mal gestisch: Während das Hotel Europa massive, verputzte Außenwände mit Bandfenstern auf der Stadtseite und liegende, in das Mauerwerk geschnittene versetzte Fenstern auf der Bahnhofsseite aufweist, lässt der neue Hotelturm die Konstruktion durchschimmern und ist in ein elegantes, transparentes Kleid gehüllt. Die guten Proportionen, seine Schlankheit, das Atmende des Gebäudes sind Merkmale, die als wichtige Bereicherung des Ortes verstanden werden können…

Auszug Christian Walderdorff:
Am Ende würden weder die Glashäuser noch der Hotelturm so wirken, wie die HALLE 1 es oft darstellt. Bei natürlichem Licht wären die Glasoberflächen kaum je von außen durchsichtig, sondern meist abweisend und dumpf spiegelnd… Die Sonnenreflexion wäre in der Nähe und in erstaunlichen Distanzen bis zur Blendung irritierend. Neben den Fernblicken würde der Turm noch viel mehr Sichtbeziehungen aus nächster Nähe, aus mittlerer Nachbarschaft und aus der etwas weiteren Umgebung stören oder nehmen. Die Nutzflächenballung des stark überdimensionierten Gesamtkomplexes würde das ohnedies krisenhafte Lebensgefüge des Bahnhofsviertels strukturell bis zum Kollaps überlasten. Sowohl der Investor als auch dessen Architekten möchten am Bahnhof primär ausnützen, was die Stadt ihnen bietet, und kaum irgendwie der Stadt das an urbaner Lebensstärkung bieten, was sie dringend braucht. Hinter dem pseudoästhetischen Getue verbirgt sich kalte, eigensüchtige Berechnung…

Autor:
Dr. Christian Walderdorff

Die Stellungnahme von Halle 1, Gerhard Sailer und Heinz Lang wurde auch hier im KooperativenRaum.at veröffentlicht:
„Die Geister die ich rief, werde ich nicht mehr los“

7 Kommentare zu “Kontroverse „Weltkulturerbe Salzburg usw.“ (Redaktionelle Auszüge)

  1. lieber christian, wieder etwas zu salzburg! lgk

  2. Die Präpotenz der Halle 1 Architekten ist an Dummheit wohl kaum noch zu überbieten. Der Glaube, mit positiven Attributen, wie Anmut Selbstbewusstsein, Körperlichkeit und Transparenz diese völlig gesichtslosen Klötze schönreden zu können ist pervers.
    Salzburg hat – als bischöfliche Residenzstadt – ansprechende Identitätsstiftende Häuser, die ein für viele Touristen und die einheimischen eine angenehme Atmosphäre schaffen.
    Die Forderung der Hallei 1 Architekten, all diese Gebäude duch „rechte Winkel“-Klötze zu ersetzen, wie man sie in jeder pseudomodernen Stadt auch findet, würde Salzburg alle Identität rauben. Wie man behaupten kann, der UNI-Glasquader im Nonntal würde in die Landschaft passen ist mir schleierhaft, zumal die vielen Glasfassaden letztlich funktional ein Unding sind, weil man im Sommer kaum genug kühlen und die Blendung ausschalten kann, im Winter viel höheren Heizenergiebedarf hat.
    Das Gebäude mag in eine Technologiestadt wie Linz oder Hannover durchaus passen, dort kann man wenig verschandeln. Salzburg gewinnt seinen lieblichen Charakter durch geliederte, vielgestaltige Bauten mit Bögen und Rundungen. Das ist es, was Bürger und Touristen an Salzburg schätzen. Warum sollte das zerstört werden?

    • Hätte es einen Walderdorff schon in der Steinzeit gegeben, würden wir heute noch rund um Feuerstellen auf Steinen sitzen, weil wir unser KulturERBE bewahren müssen. Nur keinen Fortschritt, nur nichts neues, huch. Ist es schon mal aufgefallen, dass vor dem Wort ERBE auch noch KULTUR steht? Und Kultur ist Leben, ist Veränderung. Die SalzburgerInnen haben sich etwas besseres verdient, als Regression par excellence.

      • Schleierhaft ist, was Sie als „Fortschritt“ definieren. Nur weil etwas in den USA erfunden ist, muss es nicht das Non-plus-Ultra sein. Darf es eigentlich eine Entwicklung über die „Rechte-Winkel-Architektur“ hinaus gehen oder besteht dafür ein Denkverbot?
        Denkverbote führen uns zurück in eine versteinerte Zeit.

      • Wären MODERN! oder ZEITGEMÄSS! immer schon als kulturelle Totschlagsargumente missbraucht worden, säßen wir noch in der GOTIK fest. Die war damals absolut zeitgemäß. Eine Erweiterung und Vertiefung des Begriffs vom Menschen machte in der aufbrechenden Renaissance den Rückgriff auf die Antike unvermeidlich. Dieses überzeitliche, humane Kernanliegen in jeder Rückbesinnung scheinen ideologisch verrannte Neutümler einfach nicht zu kapieren.

    • Dieses lieblichreden der Altstadt ist Ihrer nicht würdig und geht an einem fundierten Geschichtsbewusstsein vorbei. Die Altstadt hat sich über modernsten Städtebau noch dazu äußerst radikal und heute in dieser Form nicht mehr vorstellbar etabliert. Herr Mag. Pöschl muss dazu nicht Architekturgeschichte studierten, es genügt ins Salzburg-Museum zu gehen um sich zu informieren und seinen romantisch-falschen Blick zu relativieren.

  3. ‚Modernster Städtebau‘? Thema verfehlt! Erstens ist ‚Fortschritt‘ keine Einbahn in stets gesteigertes Menschsein, sondern eine Sache von Errungenschaften und Verlusten. Zweitens ist gerade die heutige Städtebaupraxis geprägt von einer menschenverachtenden Massensteuerung, dem Ausbeuten gesichtsloser Individuen und deren Einlagerung in menschenfremde bis menschenfeindliche technokratische Machwerke. Vgl. den Hochhauswahn, die Verdichtungsdelirien und die Verzwergung bzw. Verameisung der Einzelnen. Gehen nicht menschliches Maß und personale Würde Hand in Hand? Drittens regiert momentan urbanistisch wie architektonisch die Maxime MAMMON vor MENSCHEN! – weshalb auch in Salzburg üble Großbaubosse und Bauspekulanten alles außer den aufmüpfigen bürgerschaftlichen Initiativen fest im Griff haben.

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