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Urban Knitting / Guerilla Knitting

20 Kommentare

Gertrud Fischbacher – Was ist die Motivation?
Geht es um das Selbermachen, einfach um „das Tun“ – nur Stricken ?

Urbanknitting1

Seit einigen Jahren boomen Mitmach- und Do-it-yourself-Projekte.
Wird beim Urban Knitting die traditionell weiblich konnotierte Arbeit hinterfragt oder wird die vornehmlich reproduktive Tätigkeit der Frauen (wie in früheren Zeiten) wieder aufgenommen? Es scheint als steht nicht der kreativ künstlerische Einsatz von flächenbildenden textilen Verfahren im Vordergrund, sondern einfach nur der Spaß am „Handarbeiten“.

(Tipp: in Berlin kann man spezielle Guerilla Strickkurse besuchen um sich in das Umstricken einweihen zu lassen, Gruppenstricken im Café kann man auch in Wien).

Aber, warum bleiben die Ergebnisse nicht in den eigenen vier Wänden, sondern müssen (in geheimer Aktion) im öffentlichen Raum präsentiert werden?

Setzt sich jemand der Urban Knitting Aktivisten mit der Frage auseinander wem der öffentliche Raum gehört und wie er genutzt wird, bzw. genutzt werden darf? Geht es um eine Rückeroberung des öffentlichen Raums? Warum ist die Veränderung von Gegenständen im öffentlichen Raum ein Anliegen? Ist das Textile hier mehr als ein Mittel zur „Behübschung“ und Dekoration der Oberfläche?

Ist ein umstrickter, bunter Mast tatsächlich um so viel schöner oder besser? Wer sagt, dass den Städtern Bunt besser gefällt als Grau? Wird der öffentliche Raum „wärmer“ durch die Textilien?

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Oder spielen vielleicht gesundheitliche Aspekte Einzelner eine Rolle? Dass Stricken gesund ist hat man in den USA festgestellt. Stricken hilft beim Stressabbau, senkt den Blutdruck und stärkt das Herz, hilft gegen Gedächtnisverlust. Diverse Buchtitel und Gruppen auf facebook verraten: Stricken macht schön, schlau, glücklich, schlank, süchtig und gute Laune, Stricken ist das neue Yoga.

Autorin:
Gertrud Fischbacher, Bildende Künstlerin, Lehrtätigkeiten, Köln/Salzburg

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ein weiterer Beitrag zu diesem Thema

20 Kommentare zu “Urban Knitting / Guerilla Knitting

  1. Pingback: UngeWOLLt | KooperativerRaum.at

  2. Urbanes Stricken

    Die Realität wegzuhäkeln, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Waren Sie schon einmal in Berlin, in Hamburg, wenigstens in Frankfurt? Dann sind Sie ihnen vielleicht begegnet, die Urbanen Stricker mit ihren Nadeln und Knäueln von Wolle, Wolle in allen Farben des Regenbogens, nicht einmal das modisch verwirrteste Schaf möchte auch nur ein Strähnchen davon tragen.

    Die Urbanen Stricker umhäkeln Verkehrsschilder, bestricken Parkscheinautomaten, setzen Pollern bunte Mützchen auf. Auf das nahbare Symbol der Obrigkeit im öffentlichen Raum sind sie fixiert, je aufrechter, desto besser. Die Urbanen Stricker sind die Schrebergärtner unter den Revolutionären. Sie mühen sich ab an den kleinen Dingen, was sie hervorbringen, ist klein in jeder Hinsicht, kleinlich, kleinkariert und kleinlaut. Es ist politisch unwesentlich, künstlerisch belanglos, es tut niemandem weh. Verkehrsschild, Parkscheinautomat, Poller verschwinden in einem den Urbanen Strickern gefälligen Kleid. Und weichen keinen Millimeter.

    Die im Urbanen Stricken latente Dekonstruktion des kryptophallokratischen Charakters symbolbeherrschender Funktionseinheiten öffentlicher Verwaltung bleibt den Urhebern solcher Handarbeiten meist vollständig verborgen. Urbanes Stricken kostet wahrlich wenig, an Geld, an Mut, an subversivem Geist. Urbanes Stricken ist seriell, fad und überholt.

    Die Menschen haben mit Wolle schon viel Unsinn angerichtet. Wenn es ihnen nicht gelingt, den Urbanen Strickern endlich das Handwerk zu legen, werden wir das Recht an unserer Wolle zurückfordern. Dann wäre es bald vorbei mit anschmiegsamen Lammwollpullis, wärmenden Wollplaids und kunstfertig geknüpften Wollteppichen. Eine Welt der synthetischen Fasern wäre dann – doch wer möchte darin leben?

  3. Ich bin zwar nicht der Meinung, dass es sich bei Guerilla Stricken um Unsinn handelt beziehungsweise möchte ich für mich persönlich im Vorhinein kein so hartes, endgültiges Urteil darüber aussprechen und es als „unten durch“ ansehen. Dennoch bin ich belustigt und keinesfalls überrascht, dass diese Art von Beschäftigung als das neue Yoga und Schlankmacher angesehen wird. Den Grund oder die Intention des öffentlichen Strickens kann ich nicht wirklich nachvollziehen- Ist es Beschäftigungstherapie? Die Tätigkeit des gemeinschaftlichen Arbeitens an einem großen Ganzen? Oder einfach auch nur der Wunsch nach künstlerischer Betätigung, nur um sich gleich danach auf facebook im Selfie-Format äußern zu können (#making #art #creative #incredible #love). Dennoch für mich eine bisher unbekannte und interessante Form der Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum.

  4. Mich beunruhigt an dieser Geschichte eher die Tatsache, dass einer beginnt und die Masse – hirnlos möchte man fast sagen – folgt.

  5. Markieren des Territoriums ist auf eine oder die andere Weise für jede Tierart üblich. Auch Mensch ist hier keine Ausnahme. Zu jeder Zeit und in jeder Kultur gehörte bestimmte Art des Zeichensetzens für den eigenen Lebensraum. Textil eignete sich schon immer am besten: es ist leicht zu transportieren, schnell herzustellen und kann, falls die Farben nicht mehr „politisch korrekt“ sind, schnell entsorgt werden. Territoriale Eroberungen und Grenzengänge gehören auch heute noch gekennzeichnet. Street Art und Guerilla Knitting sind in meinen Auge eine Art der geselschaftlichen Marken, die gleichzeitig die humaneste Art des Grenzen- und Zeichensetzens in der Menschengeschichte sind. Was aber die ästhetische Seite dieses Kulturphänomens betrift, so verdanken wir es zum größten Teil unserem turbulenten Medienzeitalter, dass das Wappenadler des Künstlers schnell zum schwarzen Raben des Jedermans wird.

    • Ich denke aber gerade bei Urban Knitting geht es nicht um das Markieren des Territoriums. Jedenfalls nicht primär. Ich denke nur, wenn ich meine Grenzen setzen möchte, dann will ich das nicht anonym machen. Urban Knitting hat für mich keinen tiefgründigen Hintergedanken auf dem es aufgebaut ist. Es geht (es scheint mir zumindest so) auch einmal „Kunst“ gemacht zu haben und einfach diesem Hype teilzunehmen.

      • Ursprünglich hatte Guerilla ( aus span. „kleiner Krieg“) Knitting durchaus eine Bedeutung. Es gibt immer noch (meistens) feministische Aktivistinnen und männliche Sympathisanten, die das nicht zur Verschönerung machen. Aber sag mal ehrlich, wie viele kennst Du persönlich? Dazu noch, die stricken könnten 😉 Ich kenne sie nur aus dem TG Seminar. Dafür kenne ich genug welche, die weder mit den feministischen Bewegungen, noch mit der Kunst zu tun haben. Dafür haben sie einen Buch, Wolle und ein Stricknadelspiel zum Geburtstag (Ostern, Weihnachten oder so) bekommen. Dabei finden sie „Selbstgemachte“ Sachen nur dann schön, wenn es einem namenhaften Label zuzuordnen ist. Und was nun? Dann liest man zufällig (man muss nicht mal lange suchen) so was wie: „Seit 2011 gibt es auch in ……….. eine florierende Szene von StrickerInnen, die sich dem ewigen Klischee entgegenstellen wollen und sich stattdessen als emanzipierte Kunst im öffentlichen Raum sehen…“ Nichts wie hin – zur emanzipierten Kunst. Eher man sich umsieht, ist man ein Jemand mit der künstlerischen Kariere, auch wenn darüber nur die Oma, nächste Freundin und paar weitere Strickwütigen Bescheid wissen. Vielleich stirbt dadurch das Handwerk wenigstens noch nicht in der nächsten Generation?

  6. Ich denke das eigentliche Motiv des Urban Knitting ist ganz einfach: Verschönerung. Wie schon angesprochen, bunt ist eben besser als grau. Für die Stricker jedenfalls. Aber genau da habe ich ein Problem mit Urban Knitting – ich möchte es auf keinem Fall schlecht machen – aber der bloße Gedanke der Stadtverschönerung ist das, was mich eher zum Kopfschütteln bringt. Es ist harmlos und seicht, vielleicht wird es gerade deswegen weitgehend akzeptiert. Nur frage ich mich dann auch immer wieder, warum Urban Knitting und nicht Graffiti?

  7. Dazu kommt das“blinde Folgen“ dieses Trends. Man macht mit, weil es halt einfach gerade „in“ ist. Da geht für mich vieles verloren, so schön es auch aussehen mag. Aber die Aussagekraft fehlt, was steckt wirklich dahinter? Vielleicht ist es auch gerade diese Undurchschaubarkeit, die das Guerilla Knitting zu einem Phänomen gemacht haben.

  8. Ich bin bereit zu glauben, dass Stricken die angeführten therapeutischen Effekte hervorrufen kann, und sich in sofern positiv auf die Gesundheit der Menschen auswirkt, doch damit ist es nicht getan. Stricken und Urban Knitting unterscheiden sich, bei all ihren Gemeinsamkeiten auf technischer Ebene, in einem wesentlichen Aspekt. Dem Kontext. Und diesem muss meiner Ansicht nach besondere Bedeutung zugestanden werden, Bedeutung, die die banale technische Ebene in die Belanglosigkeit drängt. Durch diese Entrückung der Strickerei aus dem privaten Raum ins öffentliche Umfeld verliert sie nicht nur ihren therapeutischen Anspruch, sondern muss sich auch den Vorwurf gefallen lassen sich gänzlich von ihrer Ausgangsform entfremdet zu haben. Urban Knittin ist meiner Meinung nach eher dem Graffiti verwandt als der Strickerei. Je nachdem wie man nun zur Umgestaltung des öffentlichen Raums durch namenlose Einzelpersonen steht, muss der Trend jedoch auch im Vergleich mit dem Graffiti um seine Berechtigung bangen. Denn Urban Knitting verliert angesichts ihres temporären Wesens jede Glaubwürdigkeit. Kann ein Mensch dem blanke Betonflächen ein Dorn im Auge sind damit zufrieden sein sie mit einem Stück Gewebe aus der Welt zu schaffen? Andererseits kann ich dem Phänomen auch Positives abgewinnen, solange es den Menschen dazu herausfordert sich eingehender mit seiner Umwelt zu beschäftigen, und sie bewusster wahrzunehmen.

  9. Ist ein umstrickter, bunter Mast tatsächlich um so viel schöner oder besser? Wer sagt, dass den Städtern Bunt besser gefällt als Grau? Wird der öffentliche Raum „wärmer“ durch die Textilien?
    In respond to that question; As the cities growth depended on industrial development , and this industy of decade is relativly disconnected from design aspects, cities are made by the usages of materials , so that it shapes the structures in gray colours perhaps, but as the streets are public spaces which are open to exchange ideas, DIY kind of anonymus designs must be welcomed that are loaded with either public or indivudual messages reflects the time-space. Rather than the question whether it is beautiful or not, there should be analytic perspective which can observe the qualities of this different reading of street level.

  10. Unter Urban Knitting verstehe ich den Versuch, einer bekannten Umgebung, der meist unmittelbaren Stadtlandschaft einen persönlichen Touch zu verleihen. Hiermit ist der Einfluss einer Einzelperson auf das Stadtbild gemeint; Menschen haben ein Bedürfnis gewisse Territorien des öffentlichen Raums für sich zu beanspruchen, ihnen einen Charakter zu verleihen und sie mit den vorhandenen Mitteln etwas zu „verschönern“ oder zu verändern. Meiner Meinung nach ist das eine relativ gesunde Methode die Stadt für sich selbst zu entdecken und auch etwa einen Anspruch auf öffentlichen Raum zu erheben um vielleicht auch die Wahrnehmung gewisser Objekte die eine rein funktionelle Aufgabe erfüllen ( z.B. Strommasten) zu verbessern.

    Basierend auf dem Experiment der Stadtwahrnehmung von Kevin Lynch, würde diese Veränderung, der Bruch im Bild der Stadt eine viel stärkere Einprägsamkeit der Stadtlandschaft gewährleisten. Ob dies die richtige Methode ist um eine Irregularität in das Stadtbild zu bringen ist Geschmacksache.

  11. Unter Urban Knitting verstehe ich den Versuch, einer bekannten Umgebung, der meist unmittelbaren Stadtlandschaft einen persönlichen Touch zu verleihen. Hiermit ist der Einfluss einer Einzelperson auf das Stadtbild gemeint; Menschen haben ein Bedürfnis gewisse Territorien des öffentlichen Raums für sich zu beanspruchen, ihnen einen Charakter zu verleihen und sie mit den vorhandenen Mitteln etwas zu „verschönern“ oder zu verändern. Meiner Meinung nach ist das eine relativ gesunde Methode die Stadt für sich selbst zu entdecken und auch etwa einen Anspruch auf öffentlichen Raum zu erheben um vielleicht auch die Wahrnehmung gewisser Objekte die eine rein funktionelle Aufgabe erfüllen ( z.B. Strommasten) zu verbessern.

    Basierend auf dem Experiment der Stadtwahrnehmung von Kevin Lynch, würde diese Veränderung, der Bruch im Bild der Stadt eine viel stärkere Einprägsamkeit der Stadtlandschaft gewährleisten. Ob dies die richtige Methode ist um eine Irregularität in das Stadtbild zu bringen ist Geschmacksache..

  12. Guerilla Knitting. Seltsame Bezeichnung für das, was dahinter steckt: sich den öffentlichen Raum mit Stricken zueigen zu machen. Mit einem Kleinkrieg hat das nichts zu tun und es bleibt die Frage nach dem Feindbild. Ich sehe nur eine Parallele mit den militärischen Bewegungen: Mobilität und Flexibilität. Wo zugeschlagen wird, kann im Regelfall niemand voraussehen. Auch der Begriff Yarn Bombing ist martialisch, Power Knitting sportlicher und kommt dem Zeitgeist der westlichen Gesellschaft mehr entgegen.
    
Guerilla Knitting ist Streetart; würde man diese Form der Betätigung als Kampf ansehen, hat sie mit Guerilla spätestens dann nichts mehr zu tun, wenn behördliche Genehmigungen eingeholt werden. Auch das kommt vor. (Demo zum Frauentag, Wien 19. März 2011)

    Auf jeden Fall geht mit Guerilla Knitting ein weiblich konnotiertes Handwerk an die Öffentlichkeit, nimmt Räume ein, in denen es auf sich aufmerksam macht. Die Absichten der Frauen/Männer sind vielfältig. Sie sind aktionistisch-politisch, anarchisch oder unterliegen dem Anspruch der durch Massenproduktion, Normen etc. bestimmten Welt Individualität entgegenzusetzen. Selbstverständlich gibt es auch Mitläufer. Menschen, die gerne handarbeiten und im öffentlichen Raum ihre Befriedigung durch Zurschaustellung finden. Urban Knitting ist es auch dann, wenn „nichts“ dahinter steht oder therapeutische Zwecke im Vordergrund standen.

    Ob gestrickt oder gehäkelt, die Fragen, die sich stellen, sind dieselben. Diese textilen Formen der Streetart zeigen völlig unterschiedliche Niveaus; die gebürtige Polin und Wahl-New Yorkerin Olek beschäftigt sich mit flächenbildenden Techniken auf einer Ebene, die innerhalb eines Kunstdiskurses ihre Berechtigung hat. Das seltsame ist, wo immer umstrickt oder umhäkelt wurde, werden Erinnerungen wachgerufen an Mütter, Omis oder Handarbeitsstunden.

  13. Auch 2017 liegt das Handarbeiten noch voll im Trend – wenn nicht sogar noch mehr als 2014. Für mich ist es sehr schön anzusehen, dass das Handarbeiten und Do-it-yourself-Projekte wieder richtig am Aufblühen sind. Stricken wurde lange Zeit nur unseren Großmüttern zugeschrieben, doch auch diese werden nicht ewig leben. Ich persönlich glaube das ist auch der Grund für diesen Trend. Wir realisieren, dass Handarbeit etwas Wertvolles ist, das irgendwann, wenn wir es nicht am Leben halten, verschwinden wird. Mittlerweile gibt es sogar schon Strickpartys – eine wirklich lustige Idee um Gleichgesinnte zu treffen. Urban Knitting sehe ich heute nicht mehr so oft wie vor 3 Jahren. Ich glaube damals sollte Urban Knitting nur die Stadtbewohner provozieren und eben Aufmerksamkeit erregen – genauso wie es die Graffitikunst am Anfang ihrer Tage tat.

  14. Das sogenannte Phänomen des Urban Knittings wird unter anderem als Beispiel dafür angesehen, dass die traditionell weiblich konnotierte Arbeit wieder „modern“ geworden ist. Dabei stehen angeblich nicht flächenbildende textile Verfahren im Vordergrund, sondern schlicht und einfach der Spaß an der Handarbeit.
    Diverse Do-it-yourself und Mitmachprojekte sowie Gruppenstricken in Wiener Kaffeehäusern sind im Kommen. Da bleibt die Frage, warum dafür der öffentliche Raum genutzt werden muss? Sollten nicht die eigenen vier Wände ausreichen, um Spaß an der Handarbeit zu haben?
    Viele Menschen begrüßen es nämlich gar nicht, wenn der öffentliche Raum umstrickt oder umhäkelt wird. Sie sehen das nicht als Dekoration ihrer Umwelt, sondern viel mehr als Unsinn. Ich hingegen kann nur soll viel sagen, als dass ich jegliche gestalterische Tätigkeit sowohl in meinen eigenen vier Wänden als auch im öffentlichen Raum stets begrüße. Ich habe selbst bereits zu Schulzeiten Yarnbombing ausprobiert, und es hat mir nicht nur Spaß gemacht, sondern ich habe auch die neue Dekoration der Umwelt als schön empfunden. Nicht zuletzt bin ich auch der Ansicht, dass eine buntere Umwelt niemandem schadet, sondern viel mehr die Blicke auf sich zieht. Zudem wird dem Stricken an sich nachgesagt, gesund zu sein und gute Laune zu bereiten.

  15. Das der Trend Urban Knitting oder Guerilla Knitting auf verschiedene Meinungen stößt lässt sich allein durch die verschiedenen Kommentare zu dem Beitrag erkennen. Das dieser Trend nicht nur rosige Seiten hat und nicht jedermanns Sache ist auch klar. Doch wie negativ dies scheinbar von manchen empfunden wird oder wurde hat mich dann doch überrascht. Stricken und Häkeln hat für mich viel positves. Es ist eine entspannende und entschleunigende Tätigkeit, weshalb Auswirkungen wie Stressabbau und Senkung des Blutdrucks mich nicht wundern würden. Außerdem ist es ideal für soziale Gatherings, und wenn man dabei dann auch noch an einem gemeinsamen Projekt arbeitet, so stärkt das das Gemeinschaftsgefühl umso mehr. Das scheint mir ein besserer Zeitvertreib zu sein als herumzusitzen und Kaffee zu trinken oder Kuchen zu essen.
    Das bei der Frage um Graffitis und Urban Knitting der Aspekt der Langlebigkeit bisher nicht aufkam ist für mich ein Rätsel. Ein störendes Wollgebilde lässt sich mit einer Schere im Handumdrehen entfernen, bei einem Graffiti hingegen wird die Oberfläche auf hartnäckigere Art verändert. Falls es sich jedoch bei diesen Veränderungen um als schön empfundene und willkommene Erscheinungen handelt, so zeigen die Strickwerke leider oftmals frühe Alterserscheinungen.
    Den Aspekt das manche Menschen ihre Spuren in der Stadt hinterlassen, sehe ich als ein Zeichen von Lebendigkeit und Individualität. Natürlich sind nicht alle diese Spuren ästhetisch oder geben Anlass zur Freude, aber sie zeigen, dass in einer Stadt gelebt wird. Sie zeigen dass es sich nicht um eine Katalogstadt handelt oder um eine Stadt in der jegliche Freiheit wegreglementiert und ausradiert wird. Wer will schon in Städten leben in denen einem nichts als blanker Stahl, Beton, Glas und Asphalt umgeben? Muss alles grau und funktional sein? Und was ist so schlimm daran, wenn nicht hinter jedem Wollknäul eine explizite Message steckt, sondern das Machen und Schaffen mit den eigenen Händen durch erlernte und weitergegebene Techniken im Vordergrund steht? Problematisch wird es meiner Ansicht nach erst, wenn dekorative Werke zum Hindernis werden, wenn beispielsweise der Parkscheinautomat zugestrickt wird, und zwar nicht als Statement, sondern weil jemand in seinem oder ihrem Strickvergnügen die Realität ganz vergessen hat.
    Und nun noch zu dem Wort Trend Ein Trend hat meist nur eine kurze Lebensdauer und ist etwas Leichtes und Flüchtiges. So ist der Trend der Stricknadeln scheinbar bereits am Ende des Fadens angelangt, denn neue Urban Knittings habe ich bereits eine Weile nicht mehr gesehen und aus heutiger Sicht (zwei Jahre nach dem Blogeintrag) handelt es sich bereits um ein retrospektivisches Thema, das vielleicht den ganzen Wirbel gar nicht wert war.

  16. Zu aller erst muss ich sagen, wie begeistert ich davon bin, dass sich mehr und mehr Menschen für das Stricken erwärmen. Es ist eine Tätigkeit die nicht nur unser kognitives Gedächtnis anregt, sondern auch die Fingergeschicklichkeit und unser visuelles Handeln schult. Doch wieso fließen die eigenen Werke in den öffentlichen Raum mit ein? Meiner Meinung nach gibt es es verschiedene Gründe die diese Frage beantworten können.
    Einerseits möchte man durch das präsentieren seiner Arbeiten zeigen, was man da überhaupt gemacht hat. Man möchte seine harte Arbeit nicht irgendwo in einer Schublade aufbewahren wo es niemand zu Gesicht bekommt. Nein, denn Menschen verspüren das Verlangen für ihre Taten gelobt zu werden und Anerkennung zu bekommen.
    Andererseits könnte man argumentieren, dass das Beschmücken der Stadt ein Bedürfnis nach Persönlichkeit hat. Hierbei werden sich die Meinungen spalten: denn die einen meinen grau Töne sehen seriös und elegant aus und genau das soll eine Stadt auch ausstrahlen. Die anderen werden argumentieren, dass Farben mehr Leben und Freude in unsere Leben bringen.
    Wie auch immer, es wir immer verschieden Meinungen geben, man kann aber nicht verneinen, dass die Stadt durch das bunt-gehäkelte ein gewisses Extra bekommt.

  17. Normalerweise bin ich bei den meistens Themen sehr kritisch. Beim Urban Knitting hatte ich vor diesem Artikel aber nie darüber nachgedacht. Also das eine Art Sexismus hinter all dem stecken könnte halte ich ja eher für unrealistisch und weit hergeholt. Sicher ist Stricken mit einer gewissen Tradition und der Rolle der Frau verbunden. Aber das war früher nun mal so und ist heute auch noch nicht sehr ausgeglichen. Solch geschichtliche Ereignisse kann man nicht von heute auf morgen ausradieren, das dauert länger.
    Und beim Urban Knitting hatte ich das Gefühl, dass diese Art des künstlerischen Ausdrucks relativ geschlechtsneutral ist und keineswegs Sexismus andeutet.
    Auch finde ich die Idee an sich sehr nett und sympathisch und sehe es weniger als eine Art Verzierung (selbstverständlich ist es das auch), aber viel mehr als eine Kommunikation. Vor allem in der Anfangsphase. Immer wenn ich gerade unterwegs war und zufällig einen bestrickten Baum entdeckte musste ich schmunzeln, weil ich es irgendwie total erheiternd fand. Man denkt darüber nach, dass sich jemand die Zeit genommen hat etwas für die Allgemeinheit zu schmücken und im Idealfall ein Lächeln herzuzaubern. Also hat es für mich etwas Menschen-Verbindendes.

  18. Urban Knitting: Man sieht die bunten Strickkünste in nahezu jeder Großstadt und kennt die genaue Bedeutung dieser dennoch nicht wirklich. Also was bedeuten sie eigentlich und weshalb machen sich die StrickerInnen die Mühe, in nächtelanger Handarbeit diese Fleckchen zu stricken?
    Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Stricken, wie die Autorin bereits erwähnt, „gesund macht“, Körper und Geist fit hält. Es fördert Konzentration, Geschicklichkeit und bietet dennoch Erholung, aufgrund (nach ein wenig Übung) automatisierter Handlungsabläufe der Hände. Aber wieso keinen Pullover stricken, sondern ein „Jäckchen“ für die Straßenlaterne machen? Womöglich geht es lediglich darum, der Stadt eine zusätzliche, individuelle Note zu verpassen und, wie E. Pichler in seinem Kommentar geschrieben hat, dem/der Betrachtenden Heiterkeit zu vermitteln und über die bunten Strickereien kommunizieren zu können. Womöglich liegt aber auch kein Dekorgedanke in den Urban Knittings und die StrickerInnen beteiligen sich aktiv an der Gestaltung der Stadt, einfach nur, weil sie es können und somit zu einem Teil der Stadt werden. Der Gedanke liegt im „Gemeinsam“ – gemeinsames Gestalten der Stadt, Teil von etwas Größerem sein. Andererseits könnte natürlich auch der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund stehen, wobei die Strickereien insofern in der Öffentlichkeit platziert werden, um womöglich andere dazu zu alarmieren, selbst Nadel und Wolle in die Hand zu nehmen und mit dem Stricken zu beginnen, um sich selbst „gesund machen zu können“. In einer Zeit, in der kaum noch junge Menschen das Handwerk des Strickens beherrschen, die die erholsame Wirkung des Strickens nicht kennen oder nie kennengelernt haben: Vielleicht richten sich die Urban Knittings explizit an sie, um sie aus der Schnelllebigkeit des Lebens zu holen, um sie auf das Stricken neugierig zu machen, um sie zu alarmieren, selbst zu Stricken und seine erholsame Wirkung kennenzulernen.
    Welcher Intention die ErschafferInnen folgen, bleibt uns wohl verborgen, aber sicher ist, dass die künstlerische Handarbeit der Stadt und den beschmückten Bereichen eine individuelle, fröhliche Note verleihen.

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