max RIEDER – Zur Frage der Legitimität von Hochhäusern in Wien.
Eine solche Fragestellung sucht nach pro‐Argumenten die ein integrierendes bereicherndes Potential für die Stadt haben.
Damit sind zwei Schlüsselbegriffe gefallen: Integration und Stadt.
Die europäische Stadt versteht sich und funktioniert als Integrationsmaschine und Integrationsmotor (versus den internationalen Gated‐Community‐Bewegungen).
Die europäische Stadt will Stadt sein und werden.
Wer diese Grundsätze nicht mitträgt kann dem weiteren nicht folgen und soll nach Singapur, Houston oder Moskau emigrieren.
Integration bedeutet hier nicht Massstäblichkeit, Proportionsbezüge, moderate Höhenentwicklungen, sondern vielmehr eine kompensatorische Leistung einer Megastruktur des Vertikalen. Städte agieren wie kommunizierende Gefäße und komplexen organischen Vorgängen. Auf die Stadt heruntergbrochen, braucht es Niere, Leber und Galle, neben Herzmuskel und Lunge. Diese Komponenten unterhalten einen Stoffwechsel und unterschiedliche Kreisläufe der Energieerhaltung. Vertikales kann flächig Muskuläres entspannen, besser Stapeln, effizient erschliessen, aber auch die Umgebung verstopfen. Welche Erzeugnisse des Hochhauses sind in welcher Umgebung interaktiv integrierende und bereichernd. Dies ist die generelle Kernfrage. Gleichzeitig kann zu einem bestimmten Klima‐Kulturraum wie z.B. Wien zwar eine umfassende Checklist erstellt/adaptiert werden, aber diese ist immer im Umkreis der realen Auswirkungen zu kalibrieren. Aber was ist der Umkreis der Einflüsse. Manchmal nur die ÖPNV‐Hochleistungsschnittpunkte, manchmal mehr wie 600m, manchmal nur gegen 150m – depends on. Die zukünftige Integrations‐Qualität hängt von den positiven Wechselwirkungen ab. So könnte beispielsweise die Funktionstrennung der Moderne endlich kompensiert werden, die lächerlichen, kurzfristig fortschrittlichen offenen Raumflüsse und Entflechtung potentiellen Lebensalltages durch vertikale Ministädte/Hochhäuser kompensiert werden und vielfältigerer Alltag und ein kleiner Beitrag zur Proximität und des körperbetonten, „natürlichen“ Bewegungsablaufes (Fuss&Rad) durch kompakte öffentliche Räume und Nutzungsmischung reanimiert werden. Dazu liesse sich ein Hochhaus‐Grätzl‐Roman schreiben. Stadt bedarf solchen Verständnisses, anstatt monofunktionale Siedlungen, Arbeitszentren und Entertainments isoliert und dispers in einem Stadtkörper schwerpunktsmäßig auszubilden. Einher damit ginge natürlich die leidige, und doch zuerst „antiquierte“ Sorge nach Stadtshilhouette, Stadtbild und gestalterischen Formationen eines Stadtkörpers. Wer will heute mit welcher Begründung nach platonischen oder fraktalen Geometrien/Kompositionen argumentieren. Eine vom Alltagsleben und Kulturschickeria und Stadtkulturtouristen losgelöste akademische Diskussion zwischen Theoretikern, Stadtanalytikern und strategisch agierenden Stars. Einerlei ob der singuläre Pfahl/Stab/Stele/Phallus oder Gurke, ob das Ensemble oder Hochhauscluster, es lässt sich für alles bis auf das freie Kandiskysche oder gebundene Bauhaus/De‐Stjile Usw‐Ismen bis herauf zu rezenten ästhetischen Operationen und Praktiken zurückführen bzw. Pro und Kontras anbieten. Das Votum würde für Nicht‐Veränderung des Status‐Quo ausgehen, was bedeutet, dass Wien mit den paar Hochhauslobbyisten aus dem Amalgam Investor‐Politik‐Star immer nur ein bisserl – aber weiterhin konzeptlos*) – sich an scheinbar lukrativ verwertbaren Stellen höhere Häuser/Hochhäuser auftreten. Die funktionell‐verkehrlichen Acess‐ und Wahrnehmungskriterien werden natürlich eingehalten, aber ob diese sinnvoll für eine nachhaltige Stadt entwicklung sind und nicht vielmehr, weiterhin (ästhetische und strukturelle) Stadtzerstörung betreiben bleibt der Enkelgeneration überlassen, weil wir unfähig und unwillig waren, innovatives für ein Quartier und der Gesamtstadt mit diesem Vertikal‐Möglichem einzufordern und umzusetzen. Derzeit ist es bloßes Adressbilden für Unternehmen deren Geld/Rendite sonst keinen (noch ökonomischeren und sichereren Raum/Ort und vorallem Zeit finden. Was ist jetzt das zeitgemäße und vorallem zukunftsfähige Argument für die „richtige“ Verteilung, Verortung eines Hochhauses. Im Wiener Becken mit einem historischen und zentralstrahlenden Stadtkern müssen sich die Begründungen für Zusammenhänge von neuen Massstäben und Sichtnetzwerken (pingpong‐views) anders als kompositorisch, motivisch herleiten lassen. Wie schaut´s mit dem Bodensubtrat/Wurzelraum – vulgo Stadtterrain – aus. Wäre es ausreichend, aus diesem heraus die neighboorhood‐pattern vielfältig zu bereichern, Druck von der Fläche wegzunehmen ohne diese in beliebige, offene („neutral aneignungsfähige“) Rest‐ und Zwischenwelten zu entlassen und diese in einen komplexe Symphonie zu verdichten und entdichten. Aber mit welcher Frontbildung und Volumensdimension in die Höhe wachsen, welche Kriterien sind dann anwendbar. Sicherlich nicht die High‐Tech‐ und 2ndNature‐Verkaufsargumente, die dort anwendbar sind wo die Umweltbedingungen (outdoor) eben zuträgliche Indoorkonzepte bedeutend wie Hochhäuser mit Intarsien‐ Landschaften und Energieplantagen nach sich ziehen, denn Wiener Luft etc erträglich. Also: das Kriterium über ‐ sagen wir mal 30m (Nahferne‐Signifikanz im im mittleren Stadtkörper (20m) – ist komplexe Schönheit und Andersartigkeit, eben Originalität. Wien könnte den Hochhaustypen des Originellen konstituieren, d.h. blosse Proportion ist trivial und völlig inadequat, ebenso das „Nachbauen/Zitieren“ der vergangener Visionen und Utopien. Je Origineller umso eher. Dies wäre ein Konex zur Vergangenheit und ein Ausblick in die Zukunft ‐ Identity‐Integrity‐Authenticity‐VIENNA.
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Autor:
maxRIEDER
maxRIEDER.at
ArchitekturWasserStadtLandschaft&Gestaltungsprozesse
plant&baut&lehrt&mediert&reflektiert
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Bild: „Millennium tower vienna det“. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Millennium_tower_vienna_det.jpg#mediaviewer/File:Millennium_tower_vienna_det.jpg
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29. Juni 2015 um 12:48
Hochhäuser haben, wie Sie schon erwähnt haben nicht nur den reinen Sinn des Nutzens. In Europäischen Städten steht meiner Meinung nach dieses Kriterium an einer der letzten Stellen. Sind sie meist doch nur Prestigeobjekt, die Fortschritt und Reichtum repräsentieren. Sie kommen aus einer ganz anderen Welt und haben mit dem klassischen europäoischen Stadtbild wenig zu tun. Ich sehe keines der Hochhäuser in Europa als legitim. Steht am Ende nur der Faktor Erschließung und verkürzung logistischer Wege gegen Jahrhunderte alte, gewachsene Stadtstrukturen, die, meiner Meinung nach, durch Analyse und Innovation ganz andere logische Baustrukturen hervor bringen würden.
16. Juli 2015 um 15:32
It´s only legimite if we put it in the contemporary monetary context. The highrise only developed due to the demand for more space on little as possible area. Also a sign of power and complex Engineering knowledge ( maybe rather before in history) highrises spread quickly in time and space. If we Isolate them as separate Standing they might become quite intresting architectual structures, peculiar in a way due to their arrangment and mostly singular purpose,but if put in context of a City that has a cityscape of variety and furthermore of a human appealing and relatable low architecture with signs of history and maybe a more relatable design, highrises become Monsters of creation. Psychologically speaking highrises Are quite depressing dont you think? But i dont think we can do much about it…Restructuring the highrise in itself and giving it a (with Little impact ) a different shape and programm could lead maybe to higher Isolation and non relatability to the object itself. The more complex the more selfstanding it is. And due to ist size and Impact on ground it is already enough perceived as an individual object with it´s own history.
24. September 2015 um 17:37
As LeCorbusier defines that Urban structure has different organs such as hearth , brain , lungs and so on, Complex highrises are the brain and the heart of the urban pattern due to him. Rather than its physical existence , i would like to raise biological and political arguement about the highrises. As it is said within this article about the biological exitences of highrises, as they are mostly working spaces , they are magnetically powerfull to have more vertical circulation in itself which is dynamically providing power to cities socio-economy. Politically , to give an example, in order to compare, highrises as in Istanbul are tool of the capitalist order of power mechanism, which are socio-cultural wise unplanned in urban structure. I doubt about the existence of unprogrammed highrises which are built in specific political understanding of time, which then is having lots of risk in terms of sustaining itself in urban structure. Because more then physical vertical movement in urban structure , it has vertical up and down circulation of socio-economical issues, which then is the most unique technology of power mechanism. As Vienna is composing its urban structure for many decades by preserving and conserving the socio-ecenomical socio-cultural and socio-political core qualities , it must be even more discussed about the „highrises“ in the society. Such new megastructures must be having harmony in composition of its network to horizontality.
The biological arguements about the highrises in the article are impressing ! Thanks
31. Juli 2016 um 16:30
Die Städte in Japan, Nordamerika, Südostasien oder Australien kann man sich die Städte ohne Hochhäuser gar nicht vorstellen. In Europa denkt man an architektonisch individuelle Städte. Warum sollte man also diese durch hohe vertikale Bauten verunstalten?
Der Bau eines Hochhauses beansprucht soviel Energie, dass es sich niemals rentiert und ökologisch wird, auch wenn Distanzen kurzgehalten werden und der Energieverbrauch während der Nutzung des Gebäudes minimalisiert werden.
Das wahre Motiv für den Bau von Hochhäusern ist die Selbstdarstellung. Die Menschen versuchen schon immer höher zu bauen. Wie zum Beispiel der Turmbau zu Babel oder die ägyptischen Pyramiden.
Wenn schon Hochhäuser in europäischen Städten gebaut werden müssen, um ihre Potenz in der Wirtschaft zu präsentieren, so sollte dies weit außerhalb der historischen Stadtzentren passieren. Die Hochhäuser sollten verdichtet in Zonen nach amerikanischem Vorbild und nicht wie skulpturale Einzeltürme auftreten.
21. September 2016 um 11:16
Der Vergleich der Stadt mit einem Organismus ist besonders in Verbindung mit dem Thema der Legitimität von Hochhäusern ein sehr spannender und kontroverser.
Dennoch: die Megastrukturen der Megastädte ( sei es z.B. in Asien oder Amerika) brauchen, meiner Meinung nach, die Strukturen und vor allem die Infrastrukturen, die Möglichkeiten, die ein Hochhaus von Grund auf bietet. Einfach formuliert – viel Raum auf geringer Fläche. Anders würden die Abläufe, die Mechanismen, die „Ströme“ in diesen, wenn man so will, „Städten in der Stadt“ nicht funktionieren; die Dimensionen sind andere, auch der Maßstab – das darf man nicht außer Acht lassen.
Doch ob eine Stadt wie Wien mit ihrem konzentrierten Stadtkern dezidiert Hochhäuser braucht ist auch für mich eher Auslegungssache – denn was bietet einem das Hochhaus?
Welche Funktion / Struktur legitimiert den immensen Aufwand dieser mächtigen Bauwerke?
11. Januar 2018 um 02:42
Highrise buildings are not only for creating a landmark as it is seen in many Orient countries, but it is also a need for megacities. For international and financial cities, it creates a possibility “having everything in one place” and “easy access” as in the commercial districts also in some European cities, like Frankfurt. In addition, in the countries with a lot of highrise buildings, the most of the mainland is generally unbuildable due to geographic conditions. To compare such a necessity in Austria, it is important to take a close look at how it grows, especially to Vienna. The capital did not achieve an extreme populating growth in the last century, but it is becoming an eastern European center for many research groups, worldwide developers, international organizations, big and small service industries more and more every day. In Vienna, the infrastructure and public transport have been structurally systematically grown, but even now, many enterprises and residential areas are constructed outside the city center and I believe, it is making Vienna unattractive, because it is a compact city with easy-to-reach perception. Having nothing against European understanding of conservation, one should also keep in mind the pros of new highrise buildings: nowadays it is possible to have very ecological and sustainable highrise buildings. If closed spaces would grow vertically, it would be possible to have more green or public space on the ground level. And for a better urban plan, openness, easy-access, common resources, publicness, highrise building could alter its definition as well: within vertically growing spaces more green and public areas are maintained; public outlook experience possibilities: for instance, Tokyo Metropolitan Government Buildings (202m) offers a free ride to the rooftop for the panoramic view. The cities may want to stay in cities, but can be preserving them like a museum collection maintain openness?
4. Juni 2019 um 18:40
Klar sind Hochhäuser ein Symbol für Modernisierung, Globalisierung und Fortschritt.
Natürlich benötigt man für eine Vielzahl von Hochhäusern eine eigene Infrastuktur. Dies möge in Wien mit Ausbau bzw. Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel möglich sein. Jedoch zu bedenken ist aber, ob diese Ansammlung von etwaigen Neubauten überhaupt nötig sei.
Einzelne könnten industrietechnisch oder Wohnungstechnisch angemessen sein, für eine Aneinanderreihung davon würde ich dem nicht zustimmen.
Wien ist aufgrund der Ästhetik bekannt und beliebt. Sie bleibt auch so in unseren Köpfen. Eine Stadt in der Stadt würde eine unnötiger Eingriff respektive Einschnitt dieser sein.
Wichtig ist über das optische Stadtbild nachzudenken. Ästhetisch gesehen finde ich es als nicht adäquat, Wien mit einer Stadt von vielen Altbauten, mit Wolkenkratzern zu übersäen.
20. Juni 2019 um 19:51
Die Idee, dass sich durch die Errichtung von Hochhäusern ein kompakter öffebtlicher Raum errichten lässt, scheint mir unrealistisch. Der Gedanke, dass die Verdichtung des physischen Raumes auch größere soziale Nähe nach sich zieht, ist verführerisch, jedoch nicht zu Ende gedacht. Das Problem der Seggregation in Städten würde selbst in einer Stadt, die aus in sich sozial perfekt organisierten Hochhaus- Krätzln besteht existieren. Meiner Meinung nach wäre das Ergebnis eher eine Artt Ansammlung vertikaler Gated Communities als dass sich ein dichtes Netz sozialer Beziehungen bilden würde. Denn auch wenn es theoretisch für alle möglic wäre, alle Gebäude zu betreten, würden wohl die wenigsten (ähnlich wie jetzt), einen fremdem Wohnblock betreten, besonders nicht die oberen Stockwerke. Zudem wird, wenn mit der Flächenersparnis durch höhere Bebauung argumentiert wird, gerne ignoriert, dass der Raum zwischen den Gebäuden nicht von deren Höhe unbeeinflusst bleibt. Die Hochhausschluchten bieten keinen einladenden Raum für Begegnung und Verweilen. Durch mangelnde Gemütlichkeit und Raum nach oben werden die Räume zwischen den Gebäuden quasi entvölkert. Auch wenn der Flächenverbrauch von Hochhäusern niedriger ist als jener von Niedrigbauten, darf der „indirekte“ Flächenbrauch in unmittalbarer Nähe des Gebäudes nicht vergessen werden. Auf die wenig sozialen oder städteplanerischen Motive zur Errichtung der Repräsentationstürme will ich hier gar nicht weiter eingehen, da sich dieser Blogeintrag nicht mit der Vergangenheit sondern Potentialen der Zukunft auseinandersetzt. Eines ist aber noch zu bedenken: Vertikal angeordnete Architektur impliziert und begünstigt Hierarchie. Soll das zum Programm der Stadtplaung werden?